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Kommt er…?

May 25th, 2007 by G!

Es kommt früh zu einer ersten, oberflächlichen Auseinandersetzung mit obiger Fragestellung. Anschliessend wird sie jedoch für einen gewissen Zeitraum verdrängt vernachlässigt. Die Frage scheint jedoch stets ein wenig unter der Bewusstseinsschwelle präsent zu sein, denn sie meldet sich hie und da geradezu subtil ins Bewusstsein zurück, sei es beim Gespräch über den nächsten Einsatz oder bei der Verabredung eines Arzttermins (oder etwas angenehmerem). Es ist nicht die Angst, dass er kommt, die nagt, denn er verheisst ja nichts Schlechtes, sondern die Ungewissheit, ob er kommt.

Die psychische Vorbereitung auf ein mögliches Kommen gelangt spätestens bei der Detailplanung der Freitage vor der nächsten Rotation auf ein neues Intensitätsniveau. Die Versuchung, die Frage mit "nein" zu beantworten ist gross und nimmt mit zunehmenden Dienstjahren und "Negativ"-Erlebnissen zu. In die Wahrscheinlichkeitsrechnung werden Wetter, Einsätze der Kollegen, Feiertage, Feriensituation und viele andere Komponenten miteinbezogen. Nur eine Unbekannte, aber eine unbekannte Anzahl Variablen. Chancenlos.

Dennoch, die Unsicherheit nagt am Gewissen und macht einen Strich durch sämtliche, auch nur angedachten, verbindlichen Planungen in diesem Zeitraum. Die Vernunft gewinnt, unverzichtbare Termine werden zwar widerstrebig, aber im Wissen, dass er kommen könnte, auf die wertvollen Freitage gelegt. Sicher ist sicher. Und Sicherheit gehört zu den Kernkompetenzen in unserem Beruf.

Die physische Vorbereitung beginnt am Abend vorher. Wenn die Chance besteht, dass er zu einer unmenschlichen Zeit kommt, empfiehlt es sich – expect the possible – vorbereitet und damit fit zu sein. Der frühstmögliche Zeitpunkt steht fest. Das muss nicht heissen, dass – falls er kommt – er genau dann kommt.

Tag X. Der frühstmögliche Zeitpunkt ist vorbei. Er ist nicht gekommen, ausgeschlafen. Ein Kontrollblick. Tatsächlich, nichts verpasst. Der Tag ist von steter Unsicherheit geprägt. Aufgeschobene Dinge werden mit der Fragestellung: "Was, wenn er genau jetzt kommt?" angefangen. Er kann jederzeit kommen.

Je länger er nicht kommt, desto grösser wird – zumindest im Kopf – die Wahrscheinlichkeit, dass er kommt. Oder eben nicht? Ein unsicherer Kontrollblick, ob ich ihn nicht verpasst habe – das wäre schlecht. Nein, nichts verpasst. Soll dieses oder jenes noch angefangen werden, wo er doch gerade jetzt kommen könnte? Oder einfach mal nichts tun?

Am besten, schreibe ich einen Blogeintrag darüber, wie ich mit der Ungewissheit lebe, wenn ich ab morgens 0500 Uhr für 12 Stunden Standby habe und auf den Anruf der Crew Dispo warte, welche mich innerhalb einer Stunde für einen Einsatz aufbietet. Diese Unsicherheit legt sich hoffentlich mit zunehmenden Standby-Einsätzen. Und mit zunehmenden "Negativ"-Erlebnissen, denn gestern kam kein Anruf. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit für heute. 0500 vorbei, nichts. Ich logge mich ins System ein um einem Anruf zuvor zu kommen.

Die Erlösung: ein Einsatz – hasta luego et au revoir, es geht nach BCN und CDG.

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Posted in on the ground | 4 Comments »

4 Responses

  1. Smick Says:

    Gehen diese Standby-Zeiten eigentlich auch mal über mehrere Tage? Also kann es sein, dass du Standby für drei Tage hast und an einem dieser Tage mitten in der Nacht mal ein Anruf kommt?

  2. G! Says:

    Hi Smick

    Es kann sein, dass ich am Mo, Di und Mi jeweils Stby habe, dann aber jeden Tag eine klar definierte Zeit und nicht von Mo bis Mi durchgehend. Wir haben meistens Stby 05 oder 10 (= ab 0500 bzw. 1000 Uhr jeweils für 12h). Der ungünstigste Zeitpunkt für einen Anruf ist also 0500…

    G!

  3. Smick Says:

    Ja 0500 brrrr…da bin ich ja so gar nicht auf Betriebstemperatur 😉 Da könnt ich mir nicht mal die Zähne putzen, weiß gar nicht wie deinereiner da ein Flugzeug fliegen “könnte”. 😉

  4. G! Says:

    Bei Nightstops bringt dich der Crewcall (Telefon oder TV) schon auf Touren, wenn du dann noch nicht wach bist 😀

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