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Nachtflug ohne Nacht

June 17th, 2007 by G!

Gestern Samstag stand der fliegerische Höhepunkt des Monats an: Ein Nacht-Charterflug von Genf nach KEF (Keflavik, KEF/BIKF) und zurück. Start in Genf am Samstag Abend 2150 Uhr Lokalzeit, Rückkehr um 0605 Uhr am Sonntag Morgen.

KEF liegt rund 50km südwestlich von Reykjavík und ist der internationale Flughafen von Island. Damit ist KEF die westlichste und va. die nördlichste Destination, welche ich bisher angeflogen bin. Fliegerisch speziell ist unter anderem, dass es in KEF 18 Grad westliche variation/Deklination hat. Vereinfacht gesagt bedeutet dies, dass der magnetische Südpol (= Norden auf dem Kompass) 18 Grad westlich vom tatsächlichen Nordpol ("oben auf der Erdkugel") liegt (weitere Infos bei Wikipedia). Da wir "magnetisch" fliegen, bedeutet dies, dass "gemogelt" wird: obwohl die Pisten von KEF genau von Nord nach Süd bzw. West nach Ost ausgerichtet sind, tragen sie die Bezeichung 02/20 bzw. 11/29. Dies ist sehr gut mit GoogleEarth zu sehen.

Speziell ist sodann, dass es in KEF nahezu immer sehr viel Wind hat. Deswegen – und weil es mit zwei senkrecht zueinander angeordneten Pisten immer auf einer Piste Seitenwind hat – wurdem auch die Seitenwindlandungen mit dem Airbus 380 in KEF gemacht. Dazu ein beeindruckendes und absolutes "must-see" Video bei YouTube (hier wird mit 40-50kt, also mit bis zu 90km/h, Seitenwind gelandet).

Am speziellsten ist aber, wie der Titel schon verrät, dass es sich um einen Nachtflug handelt, bei dem es, ausser beim Start, nicht Nacht wird. Aber der Reihe nach:

[inspic=100,left,fullscreen,thumb] Es kann losgehen. Ich habe die Strecke von Genf nach Keflavik ins FMS (Flight Management System="Bordcomputer") eingegeben.

 

 

[inspic=101,right,fullscreen,thumb] 2016 UTC (=2216 Uhr Lokalzeit Genf): Kurz nachdem wir mit unserer A320 HB-IJI zu einem unvergesslichen "Nachtflug" gestartet sind, haben wir die Wolkendecke durchbrochen und werden von einer schönen Abendstimmung empfangen.

 

 

[inspic=102,left,fullscreen,thumb] 2132 UTC: Obwohl es immer später nachts wird, begleitet uns diese Stimmung eine ganze Weile.

 

 

[inspic=103,right,fullscreen,thumb] 2230 UTC: Verkehrte Welt; eine weitere Stunde später hat sich das Abendrot verabschiedet, die Sonne geht langsam hinter einer Wolkendecke "auf" bzw. gar nicht unter.

 

 

[inspic=104,left,fullscreen,thumb] 2246 UTC: Blicke aus meinem Seitenfenster.

 

 

 

[inspic=105,right,fullscreen,thumb] 2320 UTC (gleichzeitig Lokalzeit KEF): Wir sind bereits im Anflug auf KEF und die Landung steht in rund 10 Minuten bevor. Zeit für ein atemberaubendes Stimmungsbild, bevor es durch die dichte Wolkendecke geht. Leider verhinderte dieser Deckel die Aussicht auf die Insel.

 

[inspic=106,left,fullscreen,thumb] 2321 UTC: Noch ein Bild, bevor es definitiv in und unter die Wolken geht.

 

 

 

[inspic=107,right,fullscreen,thumb] 2329 UTC: Final (Endanflug) auf die Piste 20 in KEF. Wir haben mit sechs Flight Attendants mehr Cabin Crew Members dabei, als Sicherheitsfunktionen in der Kabine wahrgenommen werden müssen. Deshalb kommt eine Flight Attendant in den Genuss, den Anflug auf KEF auf dem Cockpit Jumpseat zu erleben. Sowas ist nicht gratis zu haben und sie wird von mir dazu verdonnert, von ihrem Logenplatz Fotos zu machen .

 

[inspic=91,left,fullscreen,thumb] 2331 UTC: Die Landung steht unmittelbar bevor. Bei genauer Betrachtung des Bildes ist sehr schön zu sehen, wie die Flugzeugnase deutlich nach links von der Piste zeigt, obwohl wir natürlich gerade auf die Piste zufliegen. Dass ist das Ergebnis des bereits Eingangs erwähnten und allgegenwärtigen Windes in KEF. Hier waren es ca. 15-20kt Seitenwind.

 

[inspic=92,right,fullscreen,thumb] 2334 UTC: Willkommen in Island. Wir rollen in der kargen Landschaft zum Terminal. Man beachte, wie hell es um 2334 Uhr Lokalzeit ist!

 

 

[inspic=93,left,fullscreen,thumb] Das Terminal von KEF.

 

 

 

[inspic=94,right,fullscreen,thumb] Der GPS-Beweis:
63′ 59.6 N / 22′ 37.4 W
.

 

 

[inspic=95,left,fullscreen,thumb] Der Homecarrier ICELANDAIR gibt sich die Ehre mit einer B757 mit grossen Winglets. Ein wirklich schönes Flugzeug, gerade wenn man bedenkt, dass es eine Boeing ist…

 

 

[inspic=96,right,fullscreen,thumb] Zum ersten Mal setze ich einen Fuss auf isländischen Boden. Bei 9 Grad und rund 30km/h Wind hülle ich mich in die Swiss-Winterjacke, um den Preflight Check zu erledigen und bin froh, dass ich nicht anfriere. Immerhin weiss ich jetzt, woher Iceland den Namen hat, obwohl mir der Tankwart versichert, dass es jetzt "not really cold" sei. Klar, ist ja schliesslich auch "Sommer"…

 

[inspic=108,left,fullscreen,thumb] 0114 UTC: Stimmung auf dem Rückflug in die Schweiz.

 

 

 

[inspic=98,right,fullscreen,thumb] 0300 UTC: Birmingham schläft unter uns.

 

 

 

[inspic=99,left,fullscreen,thumb] 0339 UTC: Windows In The Skies. Stimmung: unbezahlbar.

 

 

 

Zum Schluss noch dies: Ein solcher Flug stellt sehr hohe Anforderungen an die körperliche Belastung der Crew. Mit ca. 9.5 Stunden Nacht-Dutytime ist dieser Einsatz länger als manch ein ("kurzer") Langstreckenflug, dies aber mit je zwei Starts bzw. Landungen und als Teil eines mehrtägigen – in meinem Falle insgesamt 6-tägigen – Einsatzes… Dies erklärt, warum es klare gesetzliche Begrenzungen der Dutytime für Piloten benötigt: nicht weil wir – Blick und der "Experte" lassen grüssen – faul sind und viel verdienen (weder noch), sondern weil niemand bei einem nicht fitten Piloten im Flugzeug sitzen soll. Schliesslich haben wir keine eine Backspace oder Delete-Taste, mit der sich Fehler korrigieren lassen und Tipp-Ex nützt auch nichts.

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Posted in impressions, in the air | 4 Comments »

4 Responses

  1. nff Says:

    Ja, diese Stimmungen sind das “icing on the cake” unseres Jobs!
    Bin schon etwas neidisch über die KEF Erfahrung, obwohl ich im Simi sicherlich schon 10 Mal dort gelandet bin.

    Keep on writing!

    nff

  2. G! Says:

    Danke. Die Stimmungen sind – wie geschrieben – tatsächlich unbezahlbar. Das Problem ist manchmal, dass sie sich nicht wirklich 1:1 festhalten lassen, aber vielleicht liegt das auch an meiner antiken Digicam.

    Mein Schäff (320|330) hat eben auch gemeint, dass er KEF schon x-Mal als ALTN hatte, aber noch nie da war. Aber auf der LH ist das ja gut, wenn ihr sie nicht braucht. Kannst dann auf dem linken Sitz Premiere feiern, ich join Dich dann rechts 😀

    So, hab heute noch ein bissi Dutytime vor mir 🙂

    G!

  3. Philipp Mazenauer Says:

    Ah, mit dem IJI bin ich kürzlich ZRH-FCO geflogen. Auf dem Zurückweg mit einem 321. Ebenfalls wunderschönen Sonnenuntergang im Cockpit. Bei solchen Bildern wird es einem klar, warum man Pilot werden will.

  4. G! Says:

    Ja, ich kann mir definitiv kein anderes Büro mit einer solchen (wechselnden und atemberaubenden) Aussicht vorstellen. 🙂

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