Auf der letzten Rotation hatte ich wieder einmal das Vergnügen, in die Funk- und Fahrschule nach Madrid zu rollen fliegen. Ich habe schon früh beim Qualifizieren von Unterstellten im Militär gelernt, dass man – auch wenn einem eigentlich nichts nur wenig Gutes aufgefallen ist – dies zuerst erwähnen soll. Here you go: Die "Standard"-Taxi-Routes waren tatsächlich "in Kraft" (!). Die Funkanweisungen der Controller waren zwar immer noch nicht wirklich verständich, aber kurz und einfach. Hut ab vor dieser Leistung.
Aber auch dieses mal konnten die señoras y señores Controller nur mit einem leicht unterwürfigen Flehen in der Stimme – gleich eines Spinnenmännchens, das nach erfolgreicher Paarung nicht gefressen werden will – zum Anworten bewegt werden.
Die Stimmung im Cockpit war dementsprechend gut, nicht nur, weil wir eine F/A auf dem Jumpseat hatten, sondern weil es nach einer rekordverdächtigen Rollzeit von unter 15 Minuten (ohne unsere maximale Rollgeschwindigkeit zu überschreiten) aussah. Dennoch, die einfachen Rollanweisungen und das deshalb ungewohnt reibungslose Rollen machte micht stutzig. Zweifel in der Art von "Wir sind doch in Madrid?" meldeten sich.
Meine Zweifel wurden bestätigt, als wir nur ca. 100m von unserem Standplatz die Anweisung bekamen, dass wir anhalten müssten. Ein Flugzeug werde aus unserem Nachbargate weggestossen. Ok, die hätten uns zwar vorher passieren und parkieren lassen können, aber das geht ja noch.
Zu früh gefreut – bienvenido en MADrid: Tatsächlich, nach einigem Warten wird vom Nachbargate ein AirEuropa Airbus 330 nicht gerade zügig zurückgestossen. Dann wird die Maschine angehalten. Vor unserem Gate. So klappt das nicht, denke ich. Nichts passiert. Warum sie den 330er nicht 50m weiter nach hinten schieben, damit wir in unser Gate können, weiss ich nicht. Da wir dem 330er genau gegenüber stehen, frage ich mich, was geschieht, wenn er wegrollen möchte. Nach hinten gehts ohne Rückwärtsgang und ohne den Pushback-Traktor nicht und vorne stehen wir. Inzwischen habe ich erkannt, dass der Traktorfahrer, der den 330er schiebt, wohl in der Ausbildung ist, denn aussen an der rechten Türe hängt in 007-Manier sein Instruktor, der Anweisungen durch das offene Fenster gibt:
Immerhin, die beiden Traktorpiloten teilen meine Bedenken und ziehen den 330er wieder vorwärts Richtung des Gates. Allerdings nur ca. 20m bis sie feststellen, dass es so nicht gut kommt und anhalten. Also wieder zurück. Wir warten schon knapp drei Minuten, als der 330er wieder am bekannten Ort steht: uns gegenüber und vor unserem Gate. Aber Torreros lassen sich nicht entmutigen und versuchen es noch einmal: es sieht zwar nicht schneller, aber genauer aus und sie schaffen es mit spanischer Gelassenheit, den 330er wieder an seinen ursprünglichen Standplatz zu stellen, olé!
Wir stehen noch. Da wir nicht wissen, ob die Traktor-Fahrschule mit dem 330er beendet ist oder nicht, warten wir mit südländischer Ruhe. Wir (und scheinbar die Traktorfahrer) wissen ja nicht, wohin der 330er soll… Nichts geschieht: der 330er bleibt stehen und wir auch. Da die señora Controllerin grad mit irgendwem in fliessendem Spanisch funkt, wissen wir nicht worum’s geht und können auch nicht fragen, ob sie uns vergessen hat. Wir warten. Als der 3000-Wörter-pro-Minute-Funkspruch, von dem ich nur Spanisch verstehe, zu Ende ist, warten wir auf die Rollfreigabe. Vergebens. Als ich die Dame dann höflich darauf Hinweise, dass die Swiss 202G noch warte, erschrickt sie. Totenstille. Siesta. Erstaunlich schnell erwacht die Dame aus dem Schock, gibt uns die Rollfreigabe und bedankt sich für den Hinweis und das Warten.
Wie gesagt: Rollzeiten unter der madrilenischen "Schallgrenze" von 15min sind faktisch unmöglich, denn wenn man es schaffen würde, finden sie sicher einen Weg, dies – wenn auch erst auf der Zielgeraden – zu verhindern: wir rollten 18 Minuten.
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