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Alarmstufe Rot am 11. September

September 13th, 2007 by G!

Als ich am sechsten Tag meiner letzten Roation beim Frühstück um 0445 Uhr (im Vergleich zum Vortag war ich geradezu spät dran, weil dann der Wecker schon um 0345 Uhr klingelte!) auf die Uhr schaute, fiel mir trotz meiner noch halb geschlossen Augen das Datum auf: 9/11 – der 11. September. Sicher weiss jeder noch, was er an dem 11. September gemacht hat, als die Flugzeuge ins WTC geflogen wurden. Daran erinnerte auch ich mich in diesem Moment: Ich war im Auto unterwegs nach Zürich, als ich die Meldung im Radio hörte, was insofern speziell ist, weil ich im Auto nahezu nie Radio höre, es zu diesem Zeitpunkt aber tat. Als ich jedoch in Erinnerungen versunken den ersten Löffel meiner allmorgentlichen Flakes in den Mund schob und mir der viel zu saure Geschmack meiner frisch geöffneten Milch ebendiesen zusammenzog und meinen Brechreiz auf eine harte Probe stellte, wurde ich jäh in die Gegenwart zurückgeholt und ich war sofort hellwach. Ein toller Einstieg in den Tag. Es sollte so weitergehen.

Auf dem Programm stand der Flug nach Pristina, einem flugtechnisch anspruchsvollen Platz. Wir befanden uns rund 20 Minuten vor Pristina im Sinkflug, als wir urplötzlich und im wahrsten Sinne des Wortes rot sahen: eine MASTER WARNING! Meine Erste im Streckeneinsatz! Dementsprechend hoch war mein Adrenalinausstoss. Eine Master Warning ist die höchste Alarm-/Warnstufe, welche wir im Airbus haben. Sie zeigt einen gefährlichen Zustand an, der ein sofortiges Eingreifen der Crew erforderlich macht. Sie macht sich durch ein ununterbrochenes, lautes Klingeln und eine rote "Master Warning" Lampe im zentralen Blickfeld der beiden Piloten bemerkbar. Zudem wird sofort auf einem Bildschirm in roter Schrift das betroffene System angezeigt. Diese Warnung ist für Piloten in etwa das, was für eine Frau das Wort "Schuhe" ist: man vergisst alles drum herum und ist sofort darauf fixiert. Gemäss Bildschirm war die Ursache für die Warnung Lavatory Smoke – Rauch in einem der WCs. Rauch und Feuer gehören nicht erst seit dem Absturz der Swissair MD-11 vor Halifax zu den schwerwiegensten Problemen an Bord eines Flugzeuges, welche sofortige Massnahmen erfordern. Im Falle unserer Warnung ist das Einzige, was wir zunächst tun können, die Cabin Crew darüber zu informieren, damit diese die Ursache feststellt und das Feuer notfalls bekämpft. Das taten wir und die Cabin Crew fand auch rasch die Ursache (der eine oder andere Leser dürfte es bereits geahnt haben): ein Passagier rauchte in der Toilette. Obwohl es inzwischen jedem Passagier bekannt sein muss, dass an Bord Rauchverbot gilt, kommen Rauchwarnungen mit dieser Ursache doch noch – viel zu – häufig vor. Nachdem sicherheitshalber dennoch sämtliche WCs nach einer anderen Feuerquelle überprüft wurden, konnte uns die Cabin Crew Entwarnung geben und unser Stresslevel sank wieder.

Für den Passagier dürfte es wohl die teuerste Zigarette seines Lebens gewesen sein, denn bei der Landung wurde er von einer 8-köpfigen Delegation der örtlichen Polizei empfangen, welche wir bereits über Funk bestellt hatten. Zudem wird er wohl für den Rest des Lebens nie wieder ein Swiss-Flugzeug besteigen dürfen. Ob es ihm das wert war?!

Da es eben doch Tage gibt, an denen alles ein bisschen anders läuft, geschah dann noch Folgendes: Am Nachmittag hatte ich frei und wollte ich mir etwas Gutes tun und beschloss, ein grosses Elektronikkaufhaus zu besuchen. Als ich jedoch in der Tiefgarageneinfahrt stand, stand dort mit grossen Buchstaben geschrieben: "…heute wegen Inventur geschlossen". Heute? Genau heute! Es gibt eben doch Tage, an denen man besser im Bett gebliegben wäre …

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Posted in in the air, master warning | 15 Comments »

15 Responses

  1. IJL Says:

    Immer diese Charter nach Pristina, sorry aber die lernen es nie… echt zum k…. Für so was habe ich ja gar kein Verständnis, selbst als Raucher nicht. Wobei Eure FA’s diese Flüge lieben, scheint ein Duty Free Umsatz ohne Ende zu sein. Mir wurde gesagt, der ganze Trolley voll mit Zigis und der Tag wäre gerettet :-D.

    Ein ganz couragierter MC von Euch hatte das mal auf einem Avro, nur leider sprang der Melder nicht an. Er hat dann wohl eine Ansage gemacht, dass es nicht eher Service gibt, bis der Täter ausfindig gemacht ist und siehe da innert kurzer Zeit meldete er sich…

  2. G! Says:

    Tja, habe für sowas definitiv auch kein Verständnis (auch wenn ich im Gegensatz zu Dir militanter Nichtraucher bin ;-)). Gute Methode des M/C, man muss sich halt einfach zu helfen wissen… 😀

  3. Dennis Says:

    Was passierte denn dann mit dem Passagier?

  4. Michael Says:

    Dass die Sucht des Rauchers seine eigenen Systeme so durcheinander bringt, dass er 20 minuten vor Ankunft noch eine Zigarette raucht – im Rauchverbot – … unbeschreiblich

  5. G! Says:

    @Dennis
    Ich weiss auch nicht mehr, als das, was ich bereits geschrieben habe…wir waren ja nach 45min wieder weg.

    @Michael
    Du sagst es…

  6. nff Says:

    Über dem dunklen Afrika, N’Djamena meldet sich nicht auf Kurzwelle – ja nu… Für einmal steht kein CB im Flugweg und ich lese den Tagi.
    Der Chef muss mal. Viel Spass wünsche ich und er verschwindet.

    Der Tagi liegt neben mir und es wäre gelogen, wenn ich behaupten würde, dass ich nicht weiterlas. Dann die MASTER CAUTION.

    Mein Puls etwas da wo er sonst ist, wenn ich mit dem Bike über den Septimer Pass hechle. LAV SMOKE steht auf dem Bildschirm und ich bin mehr als erleichtert.

    Sekunden später erbittet der Capt. einlass und fragt mit einem Lächeln, ob ich noch lebe oder die FA’s den Defi holen sollen….

  7. nff Says:

    …. ach Gott die Schreipvehler 😉

  8. G! Says:

    haha…unglaublich beruhigend zu wissen, dass auch ein gestandener Copi einen plötzlichen Pulsanstieg verzeichnet 🙂 DER Capt ist ja der Hammer, wäre froh um seinen Namen, damit ich weiss, was mich erwartet, wenn ich dann mal mit ihm unterwegs sein sollte 😀 Hattest Du die Möglichkeit es ihm – wie auch immer – zurückzubezahlen oder hat er ein AVOID fly with NFF im PBS?

    Wer Schreibfehler findet, darf sie behalten 😉

  9. IJL Says:

    Hm, ich dachte immer dafür gibt’s das gute alte und bewährte Tesakrep Band um die Rauchmelder im Cockpit abzukleben 😉 Jedenfalls so schon erlebt bei der Mutter und der Süd Fraktion….

  10. Smick Says:

    Ja den Aufkleber in der Toilette habe ich auch noch mal bewundert auf meinem Flug in die USA vor 2 Tagen. Da stand ein sehr hoher Betrag als Strafe drauf.

    Die sind uebrigens echt winzig, wenn man was anderes als den ueblichen Gang dort verrichten muss…nein es war keine Dame dabei. Ich hab mich umgezogen um fuer die Einwanderungsbehoerde etwas schicker auszusehen. Dabei bin ich staendig mit unterschiedlichen Gliedmassen an die Waende geschlagen. Die draussen vor der Tuer sassen haben sich bestimmt gefragt, was ich darin so treibe. 😉

  11. IVI Says:

    Wie hat der CMD damals den LAV SMOKE ausgelöst?
    Ich würde dafür in den Avionics klettern, was ja nicht gut geht, in der Kabine. Di Passagiere würden sich ja wundern…

  12. IVI Says:

    Wegen dem 9/11 kommt mir noch eine Frage:

    Es ist ja so, dass dieser Tag die Flugsicherheit grundlegend verändert hat.
    Was sind bei Swiss die Kriterien, um auf gewissen Flügen Polizisten dabei zu haben?

  13. G! Says:

    @IVI
    Das stimmt, der 9/11 hat (leider) vieles verändert. Polizisten hatten sowohl Swissair als auch anderen Airlines aber schon vorher an Bord.

    Deine Frage kann und darf ich hier natürlich nicht beantworten, das würde den Zweck der Polizeibegleitung in Frage stellen. Ich hoffe Du verstehst das.

    Gruess

  14. Airbusbauer Says:

    Vor ein paar Tagen auf dem Flug von Lissabon nach Hamburg kam ein FA aus dem Klo. Gespühlt hat er nicht, dafür roch es deutlich nach Zigarette…

    Ich sollte den Kollegen von Water/Waste mal die Konstruktion einer automatischen Sprinkleranlage vorschlagen. 5 Liter Wasser mit Blead-Air zersteubt könnte eine einmalige Erfahrung für einen Raucher werden.

    Ihr müsstet nur darauf drängen, dass das auch gekauft wird.

    Grüße

  15. G! Says:

    @Airbusbauer
    Also wenn ich einen F/A hätte, der bei mir rauchen würde…oh Gott oh Gott. Sei Job wäre dann auch gegessen.

    Die Sprinkleranlage hätte meine Stimme auf 100%! Man stelle sich vor, wie der begossen rauskommt…DAS wäre es wert! 🙂

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