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Fliegender Manager, Restruktuierer, Stierkämpfer

September 16th, 2007 by G!

Am 23. Juli 2007 wurde die Presse informiert, dass Gulf Air einen neuen CEO benötigt. Am selben Tag schrieb ich dazu in einem Kommentar zu meinem Beitrag "Die Büxe der Pandora" unter anderem:

"Hoffen wir, dass seine Zeit in existenzzerstörenden Funktionen ein für alle mal vorbei ist… (ein Wunschtraum, befürchte ich)."

Scheinbar sollte ich schneller Recht haben, als mir – und allen zukünftig Betroffenen – lieb ist, denn auf SonntagsblickOnline ist heute zu lesen: "Neustart – Dosé olé!" Schon der Titel springt ins Auge. Einmal mehr scheint es, dass die grösste Schweizer Zeitung Stimmung für den an allen Fronten gescheiterten MöchtegernManager macht, und schon in der Einleitung heisst es: "Erneut packt André Dosé den Stier bei den Hörnern: Den Ex-Swiss-Chef zieht es für einen Job ins Ausland." Genau so sieht er sich in den Medien am liebsten: als Held, als Retter und diesmal gar als Stierkämpfer! Dass der (Sonntags)Blick ein Loblied auf den gescheiterten Manager singt, könnte daran liegen, dass er – wie schon sein zigarrenrauchender Ziehvater aus Basel – stets die Medien bevorzugt behandelt (um eben dadurch immerhin gute Presse anstelle guter Leistungen zu erreichen) und sich gern in vielsagenden Posen (siehe das Foto im Airbus 330 Simulator auf dem Captain-Sitz im SoBli-Artikel) fotografieren lässt. Oder es könnte daran liegen, dass der Mitautor seines Buches "Sturmflug", Sacha Wigdorovits, ein ehemaliger Chefredaktor des Blicks ist? Es dürften wohl alle Faktoren eine Rolle spielen. Insofern ist es auch nicht überraschend, dass nur der Sonntagsblick diese Story erwähnt und dass in den anderen Sonntagszeitungen noch nichts davon zu lesen ist. Da drängt sich der Verdacht auf, dass irgendwer gezielt ininformiert hat – wer wohl?!

Im Artikel erfahren wir, dass

– es sich im Golf um ein "Abenteuer" handelte: Held, Retter, Torero, Abenteurer… es wird immer besser und ich bin mir sicher, dass in naher Zukunft noch weitere Beschreibungen hinzukommen, wenn dann mehr über die neue Funktion "durchsickert";

– er in Spanien eine neue Rolle übernehmen wird, die aber noch geheim ist;

– er "ein ganzes Team mitnehmen [wird], das ihm auch bei der Sanierungsarbeit in Bahrain zur Seite stand": warum mich das – einmal mehr – nicht im geringsten überrascht, habe ich schon im Beitrag "Die Büxe der Pandora" erläutert, sein modus operandi ist unverkennbar;

– es in Spanien "etliche Luftlinien" gibt, "bei denen Dosé landen könnte.": Dann bin ich beruhigt, ich hatte schon Angst, er könnte wieder bei einer Airline anheuern, denn eine "Luftlinie" ist die "kürzeste Entfernung zweier Punkte in der Landschaft über den direkten Luftweg durch eine Strecke";

– auch dem bekanntesten aller selbsternannten Experten, diesmal nicht als "Aviatik"-, sondern als "Airline"-Experten, die Möglichkeit gegeben wurde, sich endlich wieder einmal fachmännisch zu Wort zu melden;

– zu guter Letzt, dass der "fliegende Manager" nicht als "Restrukturierer zum Einsatz" komme, "sondern beim Aufbau einer neuen Langstrecken-Airline, die sich erst in Gründung befindet": Es ist wie in einer Soap, der Höhepunkt kommt erst ganz zum Schluss und ist an Ironie kaum zu überbieten. Er kommt also nicht als Restrukturierer zum Einsatz, sondern er soll eine Langstrecken-Airline aufbauen? Dass er in Sachen Restrukturierung nicht einen Hauch an Erfolg auszuweisen hat, ist kein Geheimnis. Wer aber seinen Werdegang kennt, weiss auch, dass er in Sachen "Langstrecken-Aufbau" ebenfalls keine Ahnung hat. Woher auch? Aus Crossairzeiten? Während seiner Swiss-Zeit hat er allenfalls mit Langstreckenabbau Erfahrung gesammelt… Schon einmal hatten er und seine Basler Entourage das Gefühl, Langstrecke bedeute nur mit grossen Flugzeugen über das Meer zu fliegen und sich eine Langstreckenairline insofern nur in der grösse der Flugzeuge und der längeren Flugzeit von einer Regionalairline unterscheide. Bekanntlich falsch gedacht. Nun ja, vielleicht wird der selbsternannte Luftlinien-Experte noch ein ernstes Wörtchen mit ihm reden, denn dieser vertritt schon seit jeher die Meinung, dass sich mit der Langstrecke kein Geld verdienen lasse… Aber vielleicht gilt dies – wie sovieles, das er von sich gibt – nur, wenn die Flugzeuge von Ex-Swissair-Piloten geflogen werden.

Die Geschichte der Büxe geht also wie befürchtet weiter und ich habe schon wieder ein déjà vu. Da sich weder die Geschichte und die Beteiligten, noch deren Mediengeilheit und Vorgehensweise ändert, ist mein nächster Beitrag zu dieser Thematik nur eine Frage der Zeit… leider!

Diese Geschichte zeigt aber auch, in welcher Gefahr sich die Airlinebranche derzeit befindet: Es ist geradezu in Mode, eine Airline oder ein Flugunternehmen zu gründen, denn die Branche boomt wie seit langem nicht mehr. Durch den massiven Ausbau an allen Enden werden – in sämtlichen Funktionen (Führung, Technik, Piloten…) massiv mehr Leute benötigt und, viel schlimmer, auch angestellt – welchen die ensprechenden Qualifikationen fehlen. Das mag eine gewisse Zeit gut gehen, aber irgendwann kommt es unweigerlich zum Kollaps – sei es, dass Flugzeuge abstürzen oder die Firmen kollabieren und genau so schnell verschwinden, wie sie gekommen sind. Auch hier gilt: Es ist nur eine Frage der Zeit…

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Posted in master warning, off/duty, on the ground | 19 Comments »

19 Responses

  1. IJL Says:

    Ich musste eben laut lachen… Totgesagte leben länger. Ich hätte da eine “Luftlinie” die auch dringend restrukuriert werden müsste… Ich finde er würde super zur Alitalia passen. Mafiamachenschaften, Seilschaften, Verschwendungssucht und Grössenwahn. Da könnte er erst mal die Hälfte der totalüberalteten Flotte stilllegen, und das würde auch klappen, denn damit hat er ja Erfahrung, leider. Werde mir nachher im Flugi gleich mal den Sonntagsblick abgreifen, hoffe ich bekomme dann keinen Dauerlachkramkpf bis ZRH 😀

  2. Marian Says:

    Hey!

    Ich bin heute auf deine Seite gestoßen. Sowas habe ich shcon länger gesucht. Gibt es eine Möglichkeit mir das Passwort irgendwie zu schicken?
    Wäre sehr nett.
    Gruß
    Marian

  3. nff Says:

    Der Sonntags-Blick scheint Leser zu brauchen 😉

    Hast schon recht mit Deiner Dosé-Analyse. Leider ist solche Management-Inkompetenz weiter verbreitet als man meint.

    Die Airline-Branche scheint hier besonders gefährdet zu sein. Als ich in der SLS meine ersten Runden im Piaggio drehte, kündigte unsere Fluglehrer stolz (…) den Besuch des höchsten Personalchefs der Swissair an. Der besagte inhumane Ressourcenmanager besuchte uns just an dem Tag, als die Swissair zum ersten Mal (?) 400 Mitarbeiter entliess. Im Büro hätte man ihn mehr gebraucht ….

    Unnötig zu betonen, was ich von diesem Kerl hielt. Er kam übrigens von Coop, verliess die Swissair Richtung SBB und wechselte dann zur Winterthur Versicherung.

    Solange wir Personen in diesen Positionen so verehren; solange Motorbootausweise (MBA) von kleinen Binnenseen ausreichen, um in höhere Positionen zu kommen; solange wir Grünschnäbel anstellen, die gestandenen Unternehmern beibringen wollen, wie sie ihre Firma zu führen hätte; solange das Attribut “Sozialkompetenz” nur in den Anzeigen von Bedeutung ist – solange müssen wir uns nicht wundern, dass wir selbstsüchtige Selbstüberschätzer an der Spitze der Unternehmungen haben.

    So genug geschwafelt, ich wünsche Dosé bei der Umstrukturierung der Luftlinie viel Vergnügen. Ob er die Grosskreisberechnungen wohl beherrscht?

  4. IJL Says:

    @NFF

    Na ja, da er sich immerzu im Kreis dreht und dabei auch noch kräftig absahnt, scheint der eine neue Art der Grosskreisberechnung bestens zu beherrschen ;-D….. noch dazu immer mit den gleichen Slogans… Gähn….

  5. G! Says:

    @IJL
    Alitalia würde in der Tat zu ihm passen, aber eben, Pizzakurier ist nicht so abenteuerlich wie Stierkämpfer. Olé!

    @Marian
    Danke… Das Passwort gibts jedoch nur für Leute, die ich kenne…sorry! Wenn du aber generelle Fragen hast (auch zum Einsatzplan/-planung) nur zu!

    @NFF
    Hast auch vollkommen Recht, gerade das “Moderequirement” Sozial- und Teamkompetenz ist oftmals eben nur auf dem Papier vorhanden… Grosskreis? Ach so, grosse Kreise ist er schon mit dem Sprühflieger oft geflogen, kein Problem. Sonst hilft ihm sicher der Zielpunktlander, wenn er denn nicht gerade Wasser im Tank hat…

    G!

  6. Marian Says:

    mh schade 🙁 naja so generelle Sachen kenne ich ja 😉 fahre morgen übrigens nach Hamburg zur BU von Lufthansa

  7. CP Says:

    über die journalistische qualität von eurem “Blick” kann man ja streiten, aber einen vorteil hat er: ein sehr benutzerfreundliches format 😀 damit erschlagen sich meine gäste aufm crj oder der avro nicht gegenseitig und ich kann ohne slalom durch den mittelgang…
    lg aus Österreich,
    CP

  8. IVI Says:

    Es ist manchmal schon verrückt, was die Medien alles vertauschen und anstellen.

    Weisst du, was der Unterschied zwischen Scheren und Scherwinden ist? Die von der 20Minuten wissen es nicht.
    Mehr dazu unter:
    http://www.medien-muell.blogspot.com

  9. G! Says:

    @Marian
    Wie ist die BU gelaufen? Hoffe gut?!

    @CP
    Du hast Recht, immerhin stimmt DAS Format der Zeitung, denn das journalistische Format lässt zu wünschen übrig…Gruss nach Össiland 🙂

    @IVI
    Danke…typisch, Hauptsache etwas schreiben…

  10. Lukas Says:

    Dosé lernt die Restrukturierung wohl im “trial and error” Verfahren 😉

    Vielleicht täusche ich mich ja, aber komischerweise scheint Dosé in der breiten Bevölkerung einen guten Ruf zu haben. Warum ist das so…?! Alleine dank der Schweizer Illustrierte?!

  11. G! Says:

    Das war und ist schon bei seinem Ziehvater, dem Zigarrenmentor aus Basel, der Fall. Ich denke, dass dies der Fall ist, weil er die Medien gezielt auf seine Seite holt, das kann er (scheinbar) und hat – eben – schon bei seinem Mentor funktioniert. Und tut es bis heute leider…

  12. Marian Says:

    hey, BU ist jetzt vorbei. naja hatte Probleme mit den Physikfragen. Der Rest ist ganz gut gelaufen, aber ich befürchte Physik haut mich voll rein. Ich weiß ja nicht, wie die es bewerten. Bei 3-4 Fragen war ich einfach dumm und mir ist es hinterher selber aufgefallen. Dann gab es aber auch Fragen, die wir nie im Unterricht behandelt haben (Ich hatte Physik LK). Naja abwarten!

  13. G! Says:

    Also das will ja noch nichts heissen, denn mit den Frage die in einer solchen Selektion vorkommen, hat JEDER Mühe… diejenigen die da rauslaufen und das Gefühl haben, dass sie ALLES konnten, die bestehen sicher nicht (und fallen spätestens beim Psychologen durch…). Wünsch ein nicht zu langes Warten…

  14. Marian Says:

    Warum schaffen die Leute mit einem guten Gefühl das denn nicht? 😉 Also heute war keine Post da, Montag wirds dann soweit sein. Am meisten nervt mich, dass ich im Nachhinein noch 4 Fragen hätte richtig beantworten können. Vor allem ich kann ja Physik und mache es gerne 🙁 Naja abwarten

  15. G! Says:

    Dann drück ich Dir schon mal die Daumen! Wie gesagt, nicht verzagen, da kommt niemand “ungeschoren” davon 😉

  16. Marian Says:

    Hey, wollte nur eben sagen, dass ich gerade Post bekommen habe und ich die BU geschafft habe 🙂

  17. G! Says:

    Super Sache, herzliche Gratulation! Halt mich doch auf dem Laufenden, wie’s weiter geht!

  18. Marian Says:

    Mach ich. Wie bist du eigentlich ins Cokpit gekommen? Auch über den Weg, den ich gerade gehe?

  19. G! Says:

    Die Kurzversion: Knabentraum – irgendwann wieder daran erinnert, als ich im Militärdienst Zeit hatte – zur Selektion bei der Schweizerischen Luftverkehrsschule SLS (später: Swissair Aviation School, heute: Swiss Aviation Training) angemeldet – während der laufenden Selektion Studium begonnen – im 5. Semester des Studiums positiv Swissair-selektioniert – noch ein Semester weiter studiert. Also auch der “normale Weg”, bin vorher nicht geflogen, war Ab-Initio.

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