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Frühsport in der Dusche

October 30th, 2008 by G!

Um 0230 Uhr Schweizer Zeit wurde ich heute morgen von meinem Bieler Präzisions-Chronometer aus dem Tiefschlaf gerissen. Nachdem meine Hand nach dem Knopf zum Abstellen des “Piiiiiieeeepp piiiieeeep” – das um diese Zeit gefühlte 135 Dezibel erreicht – schnellt, brauche ich zwei Sekunden um zu realisieren, wo ich bin. Genau, Moskau. Kein Wunder, dass ich mich zuerst orientieren muss, denn in diesem Monat habe ich 40% meiner Nächte nicht im eigenen Bett verbracht. Nicht so, wie der eine oder andere denken möge, sondern im Sinne von “Nightstop im Ausland”…

Nicht einmal 75 Minuten später läuft unsere langstreckenverdächtige Crew mit sechs Flight Attendants und uns zwei Steuermännern durch das frisch eröffnete Terminal des internationalen Moskauer Privatflughafens Domodedovo. Alles glänzt in westlichem Stil und die uns bekannten Markennamen prangern uns entgegen. Nachdem wir die sozialistisch-bürokratischen Zollklippen beim Ausreisen mit der Unterstützung der uns zugewiesenen Mitarbeiterin umschifft haben und uns mit Pass und mit einem Kreuz neben unserem Namen auf der Crewliste identifiziert haben, werden wir Zeugen folgenden Schauspiels:

Nachdem Reisende ihre Handgepäckstücke auf ein Band gelegt haben, laufen sie in ein Geblilde, das bei mir spontan Assoziationen an eine Einbauduschkabine, wie ich sie unlängst im Katalog eines Kollegen, der sein Eigenheim baut, gesehen habe. In der “Kabine” angekommen, drehen sich die Leute wie auf Kommando um 90 Grad nach rechts und werfen in bester “La Ola”-Manier ihre Arme in die Luft. Sozialistisch verordnete Frühgymnastik oder von der Parteizentrale vorgeschriebenes “Bejubeln-üben” für den nächsten Auftritt des Staatspräsidenten? Weder noch. Das irgendwo zwischen absurd und lächerlich anmutende Schauspiel gehört zum inzwischen auch in der Schweiz berühmt berüchtigten “Nacktscanner”. Ja genau, was in der Schweiz (zu Recht) noch umstritten ist, gehört in Moskaus fortschrittlichstem Flughafen schon zum Alltag.

Uns Crewmitgliedern blüht dieses Prozedere (immerhin noch) nicht. Wir haben es sicher der Gewerkschaft der Crewmemberabtasterinnen zu verdanken, dass wir noch ganz altmodisch durch den – sowieso immer piepsenden Türrahmen – gehen und uns zum Dank dafür von Irina beabtasten lassen dürfen, während wir den noch müden Gluteus-Maximus anspannen, damit auch sie etwas davon hat.

Danach stehen wir neben den Kabinen der Auserwählten, welche die “Nacktröntgenbilder” betrachten dürfen oder je nach Aussehen der gescannten Person “müssen”. Diese Kabinen sind selbstredend geschlossen. Wenn man sich aber in einem geschickten Winkel in Position bringt, lässt sich jedoch das vom Computer gescannte Bild einigermassen gut erkennen und gibt mir einen Eindruck davon, was Sicherheitsbeamte definitiv nichts angeht. Wie dem auch sei, der Prüfer, dem ich – nur aus technischer Neugier, versteht sich – auf den Bildschirm schiele, betrachtet seine Aufgabe als Müssen, denn er nickt mehrmals ein. Das – und/oder das Misstrauen in die (amerikanische?) Technik führt dazu, dass ein Grossteil der nackt erfassten Personen im Anschluss an ihr Frühsportprogramm in der vermeindlichen Duschkabine noch manuell abgetastet werden! Einmal mehr zeigt sich, was auch in der Fliegerei gilt: dort, wo die Maschine nicht mehr weiter kann, muss der Mensch Hand anlegen.

Da geben Reisende ihr Handgepäck durch den Röntgenscanner, lassen sich selber bis auf alle Knochenbruchschrauben scannen und werden am Ende noch manuell durchsucht. Ich frage mich, wohin das noch führt, wo die Grenze zwischen persönlicher Freiheit und staatliche verordneter Terrorbekämpfung verläuft, wieviel (vermeindlicher) Sicherheit wir uns noch tatenlos antun wollen bis wir – dann aber mit Sicherheit zu spät – merken, dass George Orwells Buch “1984” spätenstens 2008 mehr als Realität wurde. Wenn wir weiterhin taten- und kritiklos unsere Freiheiten einschränken lassen gibt es bald nichts mehr, dass die Sicherheitsmassnahmen schützen können… aber die Menschheit merkt dies wahrscheinlich wie immer erst zu spät. Dann helfen auch 700 Mrd. nicht mehr …

Einige Zeit später hebt unser achzig Tonnen schwerer Airbus 321 auf der Piste 14L in die 8 Grad warme Luft des schneefreien Moskau ab und wir fliegen nach Zürich, wo die Temperatur null Grad beträgt und der Flughafen Kloten zum ersten Mal im (leichten) Schneechaos versinkt. Zu kalt für mich, weshalb ich diesen Beitrag bei 23 Grad in Athen, wo in der Ferne das Meer rauscht, schreibe.

… jetzt geniesse ich den Ausblick auf das Meer und den Sonnenuntergang, solange ich noch reisen und meine Meinung frei äussern darf…

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Nummer 20

October 28th, 2008 by G!

Die Samichläuse (schweizerdeutsche Mehrzahl von “Nikolaus” ;-)) auf den Coca-Cola-Flaschen an Bord unserer Flieger deuten unmissverständlich darauf hin, dass Weihnachten bald vor der Tür steht. Bevor es aber soweit ist, muss es erst November werden, weshalb ich der Meinung bin, dass die Weihnachtsmaschine viel zu früh angeworfen wird. Wie dem auch sei, mein zwanzigster Swiss-Einsatzplan für den November wurde veröffentlicht. Er steht wie immer > hier < zum Download bereit.

Nichts neues ist, dass er ziemlich schwarz ist. Neu ist aber unser Crewhotel in Athen, das mit Vorschusslorbeeren überhäuft wird. Ich werde mich selbstverständlich vor Ort davon überzeugen und die Tips von nff umsetzen… Ansonsten werde ich die Nächte in Moskau, Genf (2x), Istanbul (2x), London und – als Höhepunkt – in Tel Aviv verbringen. Dazu kommt wieder einmal eine Woche Überraschung in Form von Reserve…

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Fundstück der Woche

October 20th, 2008 by G!

Dass die Griechen für die eine oder andere Überraschung gut sind, weiss der regelmässige Leser meines Blogs bereits. Jetzt habe ich in Athen den wohl schnellsten “Rollstuhl” – Motorstuhl wäre dann wohl treffender – der Welt entdeckt 🙂 :

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