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Umschulung Airbus 340: Tag 4

January 6th, 2011 by G!

Wer sich bei seinem letzten Flug nur dafür interessiert hat, wie die hübsche Flight Attendant heisst, die für seine Sicherheit verantwortlich ist (und nebenbei noch das Essen serviert) oder ob man auf einen neunstündigen Flug zehn Minuten verspätet ist, braucht nicht mehr weiterlesen. Wer sich aber gefragt hat, was es braucht, damit eine Metallröhre mit über 200 Personen, x-Tonnen Gepäck und noch mehr Treibstoff in den Flügeln von 0 auf knapp 300 km/h beschleunigt wird, um zu fliegen, der soll weiterlesen.

60.3 Meter Spannweite.
4 Triebwerke.
34’000 Pfund Schub pro Triebwerk.
275 Tonnen maximales Startgewicht.
12 Räder, davon 8 mit Hochleistungsbremsen.

Das sind einige der Zutaten, die eine Aluminiumröhre zu einem Flugzeug machen. Darum ging es heute während mehreren Stunden. Performance nennt sich das. Tönt einfach, ist es aber nicht.

Nach einer sehr knappen Begrüssung verteilt uns der Instruktor das Willkommensgeschenk. Den Test, den wir (wiederum von Gesetzes wegen) absolvieren und bestehen müssen. Das frühmorgens um 0815 Uhr und nach erst einem Kaffee! Kühe und Schweine fallen unter das Tierschutzgesetz. Wer schützt uns? Dem Bundesamt ist zu verdanken, dass wir dazu Papiertabellen verwenden müssen, die wir zum grössten Teil in der täglichen Operation längst nicht mehr brauchen (dazu habe ich 2007 geschrieben, wo es auch einen Link zu den Payrusrollen Tabellen hat). Es dauert seine Zeit, bis ich und meine Leidensgenossen uns wieder an das Layout und die Zahlenreihen gewohnt haben und die Zahlen finden, die wir benötigen. Ob es wegen des Schocks, der (für Langstreckenpiloten) frühen Stunde, des Kaffeemangels oder der menschlichen Vergesslichkeit ist, sei dahingestellt.

Nach über einer Stunde Zahlen suchen, interpolieren, addieren und subtrahieren und Tabellen lesen ist auch dieser Spuk vorbei. Dass war unsere Performance. Dann geht es aber erst los, denn es folgte seine Performance. Wenn man einen ETH-Doktor der Physik 7 Stunden lang auf 12 Piloten los lässt, dann gibt es nur ein Ergebnis: K.O. – Kapazitäts-Overflow! Wie heisst es so schön? Wenn man in einem Körperteil Schmerzen verspürt, dann lebt es noch. Immerhin. Dann haben meine Kopfschmerzen immerhin etwas gutes.

Da ich keine Kapazität mehr habe, verweise ich auf einen Performance-Beitrag von Kollege Skypointer, den er hier geschrieben hat.

Ich wünsche gute Performance Nacht!

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Umschulung Airbus 340: Tage 2+3

January 5th, 2011 by G!

Die letzten beiden Tage standen im Zeichen der Technik. Eineinhalb Tage wurden uns gegeben, um uns mittels Computer Based Training (CBT) mit den inneren Werten des Airbus 340 bekannt zu machen. Alle modernen Airbustypen sehen sich äusserlich und vor allem im Cockpit sehr ähnlich. Darum könnte man meinen, dass sie auch innerlich identisch sind. Weit gefehlt. Zwischen Airbus 320 und A330 sind die Unterschiede sehr gross, weil der A330 ein Langstreckenflugzeug ist, der über sehr weite Strecken abseits von Flughäfen fliegen darf (sog. “Extended Twin Operation” = ETOPS). Vereinfacht gesagt müssen die Systeme beim A330 deshalb “(viel) besser” als beim kleinen Airbus sein. Anders und wiederum vereinfacht formuliert: wenn ich beim A330 Systeme verliere, ist das nicht so schlimm wie beim A320. Nur damit keine Missverständnisse auftauchen: Bei allen Verkehrsflugzeugen (nicht nur sämtliche Airbustypen) sind die zentralen Systeme mindestens doppelt, zum Teil sogar drei- oder noch mehrfach vorhanden!

A330 und A340 sind zwar beides Langstreckenflugzeuge, aber die technischen Unterschiede ergeben sich, weil der A340 mit vier Triebwerken in diversen Fällen “mehr Systeme” hat, zB. vier anstatt “nur” zwei Stromgeneratoren. Das ist zwar positiv, aber dafür sind die Hilfsmittel, wenn man in der jeweils schlechtesten möglichen Konfiguration ist, beim A340 schlechter als beim A330. Dies aus dem logischen Grund, dass es viel mehr Verluste braucht, und die Wahrscheinlichkeit, dass man dorthin gelangt, beim A340 kleiner ist (da man ja mehr Systeme hat). Ausserdem bedeuten mehr Systeme mehr Komplexität, was das Lernen auch nicht vereinfacht.

Die technischen Systeme sind in 23 Kapitel unterteilt und gehen von den Standardkapiteln Hydraulic, Fuel, Electrical System, Landing Gear und Fire Protection über unscheinbare wie Aircraft General, Lights, Oxygen oder auch Water Waste System. Dazu kommt natürlich noch das “Killerthema” Auto Flight System, das bei den modernen Flieger zentral ist und viele weitere, nicht weniger wichtige. Selbstverständlich sind alle Bücher in Englisch.

Auf diese eineinhalb Tage CBT folgen zwei Stunden mit dem technischen Spezialisten, der uns noch einige Tipps mitgibt und uns für unsere Fragen zur Verfügung steht. Zum Abschluss der zwei Tage gibt es einen technischen Test zur offiziellen, vom Bundesamt abgesegneten Kontrolle.

Der eine oder andere kritische Leser mag sich fragen, ob man die technischen Systeme eines Airbus 340 innerhalb von 1.5 Tagen lernen oder nur schon lesen kann. Die Antwort ist einfach: NEIN, auf keinen Fall. Die Zeit reicht nicht mal, um einen Teil zu lesen, geschweige denn zu verstehen oder gar zu lernen. Wer einen CCQ/Umschulungskurs antritt, ohne bereits die Bücher gewälzt zu haben, wird wortwörtlich abstürzen. Wir müssen vor dem CCQ mit lernen anfangen um den Kurs überhaupt zu bestehen. Das geht natürlich alles von unserer offiziellen “Ruhezeit” ab. Dennoch müssen wir ausgeruht zu unserem Flugdienst erscheinen, so will es das Gesetz. SWISS CEO Harry Hohmeister hat daher recht, wenn er in der Aargauer Zeitung sagt, dass unsere Müdigkeit “nicht nur vom Fliegen, sondern auch von anderen Beschäftigungen” komme. Sie kommt auch vom Lernen in den Freitagen! Sei es für den CCQ, den halbjährlichen Simulator-Check oder wenn die Bücher revidiert werden, was wöchentlich der Fall ist! Nicht zu vergessen, dass wir unseren jährlichen Medicalcheck auch in den (knappen) Freitagen absolvieren und gesetzliche Freitage für uns nur zufällig Freitage sind. Aber ich wage es zu bezweifeln, ob er das gemeint hat. Nun, ich würde Hr. Hohmeister noch so gerne 5x in Serie nach JFK mitnehmen. Mit den jeweils 2 (ab ZRH) oder 3 (über GVA) Freitagen dazwischen. Er könnte alternativ auch zwischen Tokio, Zürich und Los Angeles pendeln, was bei einem 340 Piloten auch möglich ist. Selbstverständlich müsste er die Nächte mit uns gemeinsam durchmachen. Ich glaube, dann wüsste er, was wir Piloten meinen und Aeropers treffend formuliert hat! Wie dem auch sei, ich denke, dass ein intelligenter und weitsichtiger Mensch wie Harry Hohmeister sieht, was wir leisten, dies aber in seiner Funktion gar nicht zugeben kann. Denn es ist GAV-Verhandlungszeit und damit (leider) Konfrontationszeit.

Ich bin auch auf Konfrontation: mit den zahlreichen neuen Büchern, denen ich mich jetzt wieder widme…

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Umschulung Airbus 340: Tag 1

January 3rd, 2011 by G!

Heute bin ich teil”degradiert” worden. First Officer war gestern, ab heute bin ich (zum vierten Mal in meiner Pilotenlaufbahn) wieder Second Officer. Vom “F/O A320/330” wurde ich zum “S/O A340”. S/O steht für Second Officer, das ist bei Swiss der (angehende) First Officer in Ausbildung. Der regelmässige Leser weiss, dass ich mich seit heute in der Ausbildung auf den Airbus 340, darum das Kürzel “A340”, befinde. Das “A330”-Rating habe ich zwar noch, es ist aber auch (temporär) “verschwunden”, da ich bis zum Abschluss meiner Ausbildung keine anderen Flugzeugtypen als den Airbus 340 fliegen darf. Erst wenn die Ausbildung auf den Airbus 340 vollständig abgeschlossen ist, darf und kann ich Airbus 330 und 340 “gemischt” fliegen.

Ich werde während meiner Umschulung auf den Airbus 340 versuchen, alle paar Tage  ein kleines (Betonung auf “kleines”) Update zu machen. Angesichts des intensiven Kurses muss und werde ich aber auf Details verzichten und es ist gut möglich, dass ich auftretende Fragen nicht beantworten kann, da mir die Zeit fehlt.

Der erste Kurstag liegt hinter mir. Wir sind zwölf Teilnehmer, eine Hälfte First Second Officers, die andere Hälfte Captains. Wie die meisten Kurse war auch mein Umschulungskurs (neudeutsch: CCQ = Cross Crew Qualification) am ersten Tag noch relativ harmlos und begann mit der Begrüssung durch den Chefpiloten. Im Anschluss daran gab uns der Airbus 340-Cheffluglehrer einige wertvolle Inputs, was neu auf uns zukommen und was von uns erwartet würde. Am Nachmittag folgte eine Theorie zum “Dritten Mann“. Der “Dritte Mann” wird für längere Langstreckenflüge (USA-Westküste, Far East, Südamerika und -afrika) benötigt, da andernfalls die Belastung für zwei Piloten zu gross würde. Das bedeutet, dass ich auf diesen Flügen endlich in den Genuss einer längeren Pause komme und dazu den Goldenen Käfig das Cockpit längere Zeit verlassen darf. Schöne Aussichten, für die es sich lohnt zu lernen und zu schwitzen. Darum mache ich mich jetzt wieder hinter die Bücher…

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