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Fit to fly

November 28th, 2011 by G!

Ein Nachteil unseres Berufes ist, dass man viel “schneller” und länger krank geschrieben wird, als dies bei “bodenständigen” Berufen der Fall ist. Wenn die Stirnhöhlen verstopft sind oder der Druckausgleich nicht gemacht werden kann, erübrigt sich jede Diskussion, man ist fluguntauglich (das sollte man auch als Passagier befolgen!), obwohl man unter Umständen noch / wieder problemlos ins Büro könnte. Des Weitern können Medikamente (allen voran, aber nicht nur Antibiotika), auch vermeindlich “harmlose” wie Nasenspray, zu einer temporären Fluguntauglichkeit führen. Unser Arbeitsumfeld findet in einer Druckkabine und damit de facto in einer Höhe von 2000-2500 Meter über Meer statt. Für den Körper stellt dieses Umfeld eine nicht unwesentliche Belastung dar und er verhält sich nicht wie auf Meereshöhe. Während ein gesunder Körper diese Belastungen (die inneren Organe dehnen sich aufgrund des geringeren Luftdruckes aus, der Gashaushalt “stimmt nicht mehr”, die Luft ist sehr trocken usw.) kompensieren kann, braucht es nicht viel, damit ihm dies nicht mehr gelingt. So können zum Beispiel Probleme im Verdauungstrakt im Flugzeug schlimmer werden. Dasselbe gilt für in den Zähnen eingeschlossene Luft. Wenn man als Pilot ein Flugzeug fliegen sollte, ist dies der falsche Zeitpunkt für Experimente, man darf erst wieder in die Luft, wenn man sich vollkommen Gesund fühlt. Das ist nicht nur eine (sinnvolle) Empfehlung, sondern eine gesetzliche Vorgabe! Da man aber aufgrund des Gesagten nicht immer einschätzen kann, wie der Körper bzw. die betroffenen Organe auf das veränderte Umfeld reagieren, bleibt oft ein (sehr) kleines Restrisiko. Auch um dieses zu minimieren, brauchen wir von Gesetzes wegen nach einer gewissen Krankheitszeit (unabhängig von einem Krankheitszeugnis eines “gewöhnlichen” Hausarztes) ein “green light” eines speziell ausgebildeten (und vom Bundesamt dazu ernannten) Fliegerarztes. Erst, wenn er dieses erteilt, darf man wieder ins schönste Büro der Welt und dem Nebel den Finger Rücken zeigen.

Wie gewonnen … so zerronnen

Warum ich das schreibe? Bekanntlich wären mir im November mit MIA und SFO (endlich wieder) zwei sehnlichst gewünschte Flüge geplant gewesen. Richtig gelesen, “geplant gewesen“. Am Vortag vor dem Flug nach MIA war mein Schlaf alles andere als angenehm, ich wälzte mich im Bett und wachte ständig wieder auf, da mir mein Kopf fast explodierte und ich zu hohe Temperatur hatte. Meine Stirn- und Nasenhöhlen fühlten sich an, als ob ich mit Dr. Steelhammer am Vorabend eine Meinungsverschiedenheit hatte. Ich spare die Details und komme auf den Punkt: der Rest des Monats viel aufgrund eines viralen Infekts mit einer hartnäckigen Verstopfung der Stirn- und Nasenhöhlen ins Wasser. Statt Mojito in MIA South Beach und 49ers Spiel in SFO gabs Pulmex Dämpfe, Nasenspray und Schmerzmittel in Zürich. Nicht wirklich ein Deal, aber nichts zu machen ausser zu versuchen, den Käfer möglichst schnell los zu werden.

… und nochmal gewonnen

Inzwischen ist der letzte Einsatzplan für dieses Jahr veröffentlicht worden (Download hier). Meine Wünsche wurden endlich wieder einmal erfüllt, ich darf im Dezember vier Mal in Serie über den Grossen Teich nach Nordamerika. Da ich noch fünf Tage (Ski- ohne Schnee…) Ferien habe, werde ich innerhalb von 21 Tagen vier Nordatlantikflüge absolvieren, davon je zwei an die Ost- und Westküste. Das wird sehr hart, aber immerhin stimmen die Destinationen. Es geht nach SFO, BOS, LAX und YUL. Den Weihnachtsabend werde ich im Flugzeug verbringen und am 31.12. kämpfen, um trotz Jetlag bis 2359 Uhr wach zu bleiben…

Apropos gewonnen…

Das Zürcher Stimmvolk hat (einmal mehr!) klar für den Flugverkehr und den Flughafen Zürich Stellung bezogen und die Flugverhinderungsvorlagen mit einem unmissverständlichen Doppelnein bachab geschickt. Danke!

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LX93

November 21st, 2011 by G!

1630Z

Lokalzeit: 1430 Sao Paulo

Vorschlafen: Obwohl es draussen taghell und über 25 Grad ist, verdunkle ich mein Zimmer, lege mich hin und versuche zu schlafen. Gefühlte zwei Minuten später klingelt meine Uhr und beendet den (wie üblich) sehr unruhigen, oberflächlichen Vorschlaf. Wie immer habe ich das Gefühl, genau dann aufstehen zu müssen, wenn ich endlich eingeschlafen bin. Ich kämpfe mich aus dem Bett, trinke etwas und nehme einen Bissen eines Sandwiches. Dann geht es schlaftrunken unter die Dusche.

 

fast forward >>>

Nach einer einstündigen Fahrt an den Flughafen und der Flugplanung im Flugzeug starte ich den Airbus 340-300 auf der Piste 09R. Aufgrund der Höhe, der Flughafen von Sao Paulo liegt auf ca. 2400 Fuss / 750 Meter über Meer, dauert der Startrollvorgang eine gefühlte Ewigkeit. Dasselbe gilt für die ersten zwei Flugstunden, denn praktisch ununterbrochen hat es leichte bis moderate Turbulenzen. Das ist mühsam und anstrengend.

 

0040Z

Flugzeit: 2:10h

Position: In 30 Minuten (!) lassen wir Brasilien hinter uns und beginnen mit der Atlantiküberquerung. Unglaublich, wie gross dieses Land ist. Dreissig Minuten beträgt die Flugzeit von ZRH nach GVA!

Verpflegung: Meine Hauptspeise wird serviert. Pouletbrust mit Beilagen (in der First Class Speisekarte liest sich das wesentlich schöner und fantasievoller. Muss es auch, schliesslich ist der Koch mit 19 Gault Millau Punkten ausgezeichnet und da kann es nicht so tönen wie bei mir zuhause wenn ich selber koche).

 

0205Z

Wetter: Die ersten der angekündigten Gewitter erscheinen auf dem Wetterradar. Ich lege mir eine Ausweichflugroute zu recht und bespreche sie mit meinem Kollegen.

Schlussspurt: In 30 Minuten können wir den (vielleicht) schlafenden, sicher aber ordentlich durchgeschüttelten Kollegen wecken.

 

0235Z

Wecker I: Mein Kollege drückt einmal auf den “CALL FLT REST” um den ruhenden Kollegen zu wecken. Das Ende meiner ersten Schicht naht.

 

0550Z

Wecker II: Zwei Meter vor mir drückt der Kollege auf den “CALL FLT REST” Knopf um meine unruhige, immer wieder durchgeschüttelte Schlafpause zu beenden.

Kampf gegen die Natur: Wie unser Airbus gegen die Turbulenzen kämpft, kämpfe ich gegen die Müdigkeit und quäle mich aus der Koje.

 

0605Z

Unterstützung: Mein STARBUCKS VIA gibt mir den ersten Koffeinkick. Was täten Piloten ohne Starbucks, Néspresso und andere Koffeinquellen?

 

0608Z

Ablösung: Die letzte Ablösung des Fluges findet statt. Mit meinem Lebenselixier Kaffeebecher in der einen und dem Crewbag in der anderen Hand betrete ich das Cockpit. Mein Kollege, der ca. 7:40h durchhalten musste, hat seine Pflicht erfüllt und darf sich nun für knapp 3 Stunden in die Koje legen. Draussen ist es immer noch dunkel.

Back at work: Ich stelle den Sitz, die Pedale und die Armlehnen ein, installiere meinen Crewbag und schaue wo wir uns befinden. Danach bin ich wieder einsatzbereit. War ich auf dem ersten Teil noch Pilot Flying, bin ich ab jetzt als Assisting Pilot für die Unterstützung meines Kollegen, fürs Funken und die System- und Treibstoffchecks verantwortlich.

 

0626Z

Position: Region LPPS (Porto Santo, Madeira)

Flughöhe: FL380

Geschwindigkeit gegenüber dem Boden: 480kts

Wind: 281/66

Kaffeevorrat: leer. Dafür bin ich wach. Starbucks sei dank.

 

0643Z

Flugverkehrsleitstelle: Casablanca

Position: 1308 NM bis LSZH

Geschwindigkeit gegenüber dem Boden:  494kts

Wind: 268/70

Aussentemperatur: -60 Grad

Treibstoffcheck: Jedes unserer Triebwerke verbraucht derzeit knapp 1400kg Treibstoff pro Stunde.

Treibstofftemperatur (kältester Tank): -28 Grad

 

0705Z

Flugzeit: 8:35h

Gewicht: 182.2 Tonnen

Position: 148NM vor LPPT (Lissabon)

Kabine: Die Passagiere in der Economy- und Businessklasse können noch etwa 40 Minuten (versuchen zu) schlafen, dann werden sie für den Frühstücksservice geweckt. Die Firstclass-Passagiere geniessen eine längere Ruhezeit, die sie sich mit viel Geld erkauft haben.

Rechtes Fenster: Langsam aber stetig kämpft sich die Sonne durch den Morgendunst.

Linkes Fenster: Die aufsteigende Sonne zeichnet den Erdschatten wunderschön in die Wolken:

 

0718Z

Position: Region Lissabon. Das europäisches Festland liegt vor uns, ist aber nicht erkennbar, da es bewölkt ist.

Im Cockpit: Ich. Mein Kollege muss austreten.

Vorausplanung I: Ich bestelle das Wetter für einige Flugplätze auf unserer Flugroute (LPPT, LEMD, LFBO, LSGG und LSZH).

Funk: Der neue Herr am anderen Ende der Radiowellen übringt schlechten Nachrichten “expect moderate Turbulence for the next 150NM”. Schon wieder, leider nicht das erste Mal auf diesem Flug.

Vorausplanung II: Ich greife nach der Liste mit den “Thrust Settings and Speeds for severe Turbulence” (Regenschirmprinzip I) und notiere mir die Werte (um diese Zeit ist die Gedächtnisleistung arg reduziert).

Vorausplanung III: Ich informiere den Maître de Cabine über die möglichen Turbulenzen (Regenschirmprinzip II).

 

0733Z

Kabine: Die Vorbereitungen in den Bordküchen (Galleys) für den Frühstücksservice laufen auf Hochtouren.

Nicht immer funktioniert das Regenschirmprinzip: Mit einem plötzlichen und heftigen Schlag kündigen sich die moderaten Turbulenzen an. Die Natur lässt sich von unseren rund 170-und-irgendwas-Tonnen Metall nicht im geringsten beeindrucken.

 

0743Z

Flugverkehrskontrolle: Madrid

Flughöhe: FL380

Turbulenzen: Die Turbulenzen haben nicht abgenommen. Ständig wird unser A340 durchgeschüttelt. Aber nicht nur wir, wie man an diesem Foto erkennen kann (aber so dürften unsere Kondensstreifen auch aussehen):

Gute Nachrichten: Die Flugverkehrsleitstelle meldet uns, dass es FL340 keine Turbulenzen hätten. Wir verlangen einen Sinkflug auf FL340, den wir bekommen. Den ganzen Sinkflug hindurch schüttelt und schlägt es weiter. Kurz vor FL340 wird es spürbar ruhiger und als wir FL340 erreichen, ist es praktisch ruhig. Gut für die Kabinenbesatzung und die Passagiere der Economy- und Businessclass, denn sie werden in Kürze geweckt. Frühstückszeit.

Treibstoffcheck: Ein untrügliches Zeichen, dass sich der Flug dem Ende zuneigt ist der zweitletzte Treibstoffcheck, den ich mache. Der frühere Sinkflug kostet natürlich Treibstoff, aber das Kosten-Nutzen-Verhältnis stimmt.

Systemcheck: Alle Systeme laufen. Ich erhöhe ein bisschen die Temperatur im hintersten Frachtabteil, denn dort reisen 65kg Hund mit. Genau gesagt zwei Hunde. Ich möchte wissen, wie die sich fühlen, möchte aber nicht mit ihnen tauschen.

 

0803Z

Vorausplanung: Bevor die meisten Passagiere der First Class (die sich zum Teil ins SWISS First Class Pyjama umgezogen haben) wieder aufwachen und sich frisch machen, besuche ich noch das Klo, denn nachher wird es konstant und jeweils für längere Zeit besetzt sein.

Verpflegung: In der First Class Küche stehen die Trolleys mit einem kleinen Frühstücksbuffet bereit. In den anderen beiden Klassen läuft der Frühstücksservice seit knapp 20 Minuten auf Hochtouren.

 

0820Z

Verpflegung: Mein Frühstück wird serviert. Müesli mit Néspresso Vivalto Lungo. Kohlenhydrate und Koffein für den Anflug.

 

0840Z

Position: In der Region von Toulouse.

Vergangene Flugzeit: 10:10h.

Verbleibende Flugzeit: ca. 1 Stunde.

Verbleibende Flugstrecke: ca. 400 NM.

Treibstoffcheck: zum letzten Mal überprüfe ich unsere Systeme und den Treibstoff an Bord. Alles ok, die Systeme laufen tadellos und die Treibstoffrechnung stimmt.

 

0900Z

Verbleibende Flugzeit: ca. 40 Minuten

Public Address: Der Captain, der den Anflug und die Landung ausführen wird, informiert die Passagiere über das aktuelle Wetter in Zürich und bedankt sich, dass sie Swiss für ihre Reise gewählt haben.

 

0925Z

Flughöhe: FL184; Sinkflug auf FL140.

Geschwindigkeit: 250kts.

Wetter: Ich bestelle das aktuellste Wetter (ATIS) für den unmittelbar bevorstehenden Anflug in Zürich.

 

0948Z

Last but not least: Nach einer Flugzeit von 11:14 Stunden setzt mein Kollege auf dem linken Sitz die Parkbremse und stellt zwei der vier Triebwerke ab. Unter unserm Cockpit steckt der Bodenmitarbeiter das Stromkabel ein. Mein Kollege stellt die beiden verbleibenden Triebwerke ab und löscht das Seat Belts Zeichen.

 

0955Z

Die “Parking Checkliste” ist beendet, das Cockpit aufgeräumt, die Passagiere bald alle ausgestiegen. Dann ist das Unternehmen LX93 erfolgreich beendet.

 

Nachtrag

Wenn wir weiterhin viele Direktflüge ab Zürich haben wollen und wir uns die Zukunft nicht verbauen und uns selber kastrieren wollen, müssen wir am 27.11. 2 x NEIN stimmen!

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2 x NEIN

November 16th, 2011 by G!

Die Zürcher Stimmbürger haben am 27. November 2011 die Zukunft des Wirtschaftsstandorts Grossraum Zürich (und damit auch der Schweiz) und von über 23’000 Menschen, deren Leben direkt vom Wohlergehen des Flughafen Zürichs abhängt, in den Händen!

Fakten:

  • Die Flughafen Zürich AG beschäftigt 1‘500 Mitarbeitende,
  • die Swiss allein in Zürich mehr als 5‘500 und
  • direkt am Flughafen sind 270 Unternehmen angesiedelt, die mehr als 23‘000 Menschen eine Arbeitsstelle bieten!

Damit ist der Flughafen Zürich eine, wenn nicht die zentrale Triebkraft des Wirtschaftsmotors im Grossraum Zürich und damit der Schweiz. Er stellt weltweite Direktverbindungen sicher. Diese werden nicht nur für Geschäfts- und Ferienflüge, sondern auch für Frachtlieferungen aus und in die Schweiz benötigt. Früchte, Blumen, Fleisch, Gemüse, Industriegüter usw. werden täglich aus der ganzen Welt in die Schweiz geflogen. Davon profitieren wir alle. Die Güter der Exportnation Schweiz werden oft mittels Flugzeugen exportiert. Davon profitieren wir alle. Eine Kastration des Flughafens mit einem doppelten Ja wäre eigenverschuldet.

Einmal mehr geht es den Fluglärmgegner darum, den Nutzen des Flughafens ohne dessen Kosten haben zu wollen. Nur allzu gerne würde ich sehen, wie die Fluglärmgegner in die Ferien gehen? Umweltschonend, wie sie es verlangen, mit dem Velo oder dem Solarmobil? Essen sie nur Früchte und Fleisch aus der Region? Kaufen sie nur Kleider aus der Region? Wohl kaum…

Nicht vergessen werden darf, dass die Flughafen Zürich AG seit über zehn Jahren ein privatwirtschaftlich organisiertes und börsenkotiertes Unternehmen ist, das dem grössten Anteilseigner (mit 33.3% Aktienanteil), dem Kanton Zürich, Dividenden ausschüttet und keine Subventionen erhält. Seit seiner Privatisierung hat der Flughafen pro Tag fast CHF 1 Mio. (!) investiert. Zum Wohl der Fluggäste und zum Schutz der Bevölkerung. Davon profitieren wir alle!

Verbauen wir uns nicht unsere Zukunft!

Darum: 2x Nein!!!

Wer noch nicht überzeugt ist, sollte sich die Zeit für diese Webseiten nehmen:

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