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4 Minutes

October 14th, 2008 by G!

Tick tock tick tock tick tock

Madonna: Time is waiting

Justin: We only got 4 minutes to save the world

Madonna: No hesitating

Justin: We only got 4 minutes, 4 minutes

Tick tock tick tock tick tock

Lieder drücken oft die Gefühle oder Erlebnisse derjenigen, die sie hören aus. Als ich auf der letzten Rotation das Folgende erlebte, kam mir unweigerlich der Song “4 Minutes” von Madonna feat. Justin Timberlake & Timbaland in den Sinn:

Samstag, 0410 Uhr Lokalzeit Athen
Mein Telefon klingelt und reisst mich gefühlte drei Stunden zu früh aus dem wohlverdienten Tiefschlaf. Eine Computerstimme erklärt mir “good morning, this is your wake up call”. Ach so, was sonst um diese unchristliche Zeit? Beni Thurnheer, der mir erklärt, dass ich die Million gewonnen habe? … Ich lasse den Hörer wieder auf die Gabel fallen. Zu dieser Zeit – 0310 Lokalzeit Züri – sind die meisten Schweizer entweder noch am Schlafen oder sie denken darüber nach, wo und mit wem sie schlafen gehen. Nicht so die Crew des Swiss Fluges 1843.

0513 Uhr
Nach einem Frühstück auf der Terasse des Hotels bei angenehmen Temperaturen sind wir inzwischen schon mehr als eine Stunde – mehr oder weniger – wach. Die Koffer, welche wegen drei Nightstops bei gewissen Crewmembers das Gewicht und die Grösse einer Zweizimmerwohnung haben, sind – der Fahrer und ich können uns das heutige Krafttraining sparen – in den Kofferraum gehievt worden und wir sitzen im Crewbus, der uns an den Flughafen bringt.

0516 Uhr
Die anfänglichen Gespräche im Crewbus sind angesichts der Dunkelheit und des inneren Schweinehundes, der von der inneren Uhr noch schlafen gelassen wird, verstummt.

0517 Uhr
Der Fahrer stoppt am ersten von unzähligen Rotlichtern, vor uns kreuzen zwei Fahrzeuge in – für Athener Verhältnisse – anständigem Fahrstil die Strasse. Ein drittes Auto folgt.

0518 Uhr
Wir stehen. Alleine. Irgendwo im Süden Athens. Seit sicher dreissig Sekunden weit und breit kein Fahrzeug mehr. Ich schaue auf die rot leuchtenden LED-Ziffern im Bus und frage mich, wie lange der Fahrer noch ausharren will. Tick tock tick tock tick tock.

0519 Uhr
Athen schläft. Das Rotlicht oder der derjenige, der es umschalten muss, auch. Obwohl kein Auto zu sehen oder zu hören ist, bleibt es auf hartnäckig auf rot stehen. Wir darum auch. Tick tock tick tock tick tock.

0520 Uhr
Ich halte mich – angesichts der Busse in der Schweiz von CHF 250.- fürs Überfahren einer roten Ampel kein Wunder! – auch an Rotlichter, muss aber sagen, dass es mich als Fahrer in dieser Situation ganz ordentlich im Fuss gejuckt hätte. Es ist schon als Mitfahrer in der vierten Sitzreihe fast unerträglich. Tick tock tick tock tick tock. Unser Fahrer ist wohl kein Grieche, denn entgegen den herrschenden (Un)Sitten auf Athens Strassen, hält er sich mit stoischer Ruhe an die Verkehrsregeln und bleibt stehen. Obwohl weit und breit kein Auto zu sehen oder hören ist.

0521 Uhr
Die roten LED-Zahlen über dem Fahrer springen auf 0521 Uhr. Tick tock tick tock tick tock. Die vierte Minute an einer verlassenen Athener Strassenkreuzung. Nur ein Crewbus und ein stures Rotlicht. In einer Stunde und 19 Minuten muss unser Airbus 321 vom Gate zurückgeschoben werden. Bis dahin fehlen uns noch etliche Kilometer bis an den Athener Flughafen, der Weg an das Gate, die Sicherheitskontrolle, die Flugplanung, das Cabinbriefing, die Cockpitpreparation und die übrigen Checks, gegen 10 Tonnen Treibstoff müssen in die Flügel gepumpt werden und nicht zu vergessen die Passagiere, die sich morgens nach sechs Uhr nicht wirklich flott bewegen werden. Es könnte knapp werden. Dann der lange erwartete Moment: nach vier Minuten Stillstand und 3 Fahrzeugen, welche unsere Fahrbahn vor gut drei Minuten gekreuzt haben, wechselt die Ampel auf freie Fahrt. Madonna singt in meinem Kopf weiter.

Während Madonna, Justin und Timbaland in vier Minuten die Welt retten, haben wir die Zeit an einem Rotlicht Athens verbraten. Dennoch, wir haben es geschafft: Auf die Minute genau um 0640 Uhr haben wir den Airbus 321 vom Gate zurückgestossen. Mit 199 Passagieren!

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Posted in on the ground | 7 Comments »

7 Responses

  1. F.Aibe Says:

    Hey G! 199??? Im A321? Wo hännd ihr denn die alli versteckt?

  2. G! Says:

    Jo! Also ei Blondiene hämmer is Cockpit gno 🙂 Und isch nöd emol voll gsi, hät no eine meh Platz gha (und es paar Infants) 🙂

  3. Blondine vom Cockpit! Says:

    Calimera G! Dachte ich es mir doch, dass du die Geschichte mit dem ROTLICHT noch zu “Blog” bringst;-) Vielleicht hatte ja der Busfahrer auch den Song von Madonna im Ohr und ist deshalb nicht eher losgefahren, oder er wollte einfach meinen Athenaufenthalt noch etwas verlängern… Viel Spass auf der nächsten Rotation und möge es am Samstagmorgen am besagten ROTLICHT in Athen nicht wieder tick tocken;-)

  4. nff Says:

    … Genialer Text! Jetzt kann ich nach 12 Stunden Flug, zwei Bier und einer lustigen Diskussion mit einem United Kollegen endlich in Narita ins Bett legen – guet Nacht oder guete Morgä

  5. akonstan Says:

    Na ja… Der Fahrer ueberrascht mich eigentlich (angesichts der in Griechenland geltenden rot-Busse von 700 (!!) euro) weniger, als dass ihr um 6:40 in der Frueh 199 Reisewillige gefunden habt… da es Athen ist, ist es zwar anzunehmen dass ca. die haelfte direkt aus einem der clubs im besagten Sueden Athens kam… viel Spass beim naechsten mal an der schwaerfaelligen Ampel..

  6. G! Says:

    @Blondie 🙂
    Diesmal waren’s weniger als 4 Minuten…

    @nff
    Danke, ich hoffe du konntest schlafen!

    @akonstan
    Danke für die Info. Ok, bei 700E ist’s zu verstehen, dass er wartet. Mir scheint, dass in Griechenland das Sanktionssystem noch drakonisch ist, so gibts auch für Crews unglaubliche Bussen, wenn was mit den Papieren nicht stimmt. Dafür sind die Passagiere um die Zeit in aller Regel pflegeleicht, da sie nur schlafen wollen 🙂

  7. IVI Says:

    Tja, wir haben die Uhren, sie haben die Zeit. Wer hat doch noch Mal dieses Zitat vor nicht allzu langer Zeit gesagt?

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