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LX14

January 23rd, 2010 by G!

LX14 ist bekannt aus dem NZZFOLIO. Dort kann man nachlesen, wie die Operation nach JFK laufen kann und soll. Es muss aber nicht so sein…

Es war geplant, dass wir unseren Airbus 330-300 als LX14 um 1300 Uhr vom Gate in Kloten zurück stossen würden. Um 0945 Uhr weckte mich mein Wecker aus dem Schlaf. Mein Google Android Fon, dass ich die Nacht über am Strom hatte, war bis zu diesem Zeitpunkt die ganze Nacht lang eingeschaltet. Da gönnte ich ihm eine Pause und schaltete es aus, bis ich es nach der Morgentoilette gegen 1015 Uhr wieder einschaltete.

Um 1100 Uhr traf ich im Operation Center ein, wo ich unter anderem auf den unübersehbaren Kollegen NFF traf, der sich in die andere Richtung nach Tokio aufmachte. Eine Flight Attendant, die mit mir nach JFK fliegen sollte, meinte, ob ich das Telefon wegen der Verspätung unseres Fluges um eine Stunde auch nicht erhalten hätte. Ich verneinte, hielt es aber für einen Spass, da ich weder einen Telefonanruf, noch eine Meldung beim Login erhielt. Dass es sich nicht um einen Scherz handelte, erfuhr ich einige Minuten später beim überprüfen, ob wir einen Slot hätten. Slot: nein, aber eben, ein ETD um 14 Uhr Lokalzeit; eine Stunde Verspätung. ETD ist ein Estimated Time of Departure. Ein ETD wird gesetzt, wenn die geplante Abflugszeit, die STD (Scheduled Time of Departure) um eine bestimmte Zeit nicht eingehalten werden kann. Ein Blick auf die Liste mit dem Grund für die Verspätung sagte mir, dass die HB-JHC erst dann landen wird, wenn wir schon längst mit den Vorbereitungen angefangen haben müssten. Mein nächster Blick ging – wie bei Verspätungen gepaart mit langen Einsatzzeiten üblich und juristisch ratsam, auf meinen Einsatzplan. Dort sind die maximalen Einsatz- und Flugzeiten aufgeführt. Der Flug nach JFK ist zwar nahe am Maximum, was aber gar keine Rolle spielte, da die “Stoppuhr” durch den Anruf der Planer gar nicht zu laufen anfing. Dass ich das Telefon ausgeschaltet hatte, spielt dabei ebenfalls keine Rolle, das war mein “Fehler”. Damit hatte ich definitiv Zeit genug, ein paar Schwätzchen zu halten…

Jedes Schwätzchen hat ein Ende und durch das Ziehen an meinem Sidestick, unterstützt durch die Herren Newton, Rolls und Royce, hob unser Airbus 330-300 mit genau 225.2 Tonnen und knapp 85 Minuten Verspätung Richtung New York ab. Nach einem ruhigen Flug lotst uns der Herr am Funk ohne grosse Umwege in den Anflug auf die Piste 31R in JFK. Es scheint, dass wir Murphy in Zürich gelassen hätten und für die Verspätung mehr als entschädigt werden, denn beim Anflug auf die Piste 31R hat man einen unglaubichen Blick auf die Skyline von Manhatten, die direkt in der Pistenverlängerung liegt – und damit leider nur für die Piloten sichtbar ist :-). Gekrönt wurde der Anflug durch eine im Abendrot erleuchtete Skyline. Unbezahlbar. Unvergesslich. Da wir aber nicht für das Geniessen der Aussicht bezahlt werden, windete es mit 40 bis 50 km/h. Nichts desto trotz lande ich unseren Vogel um 1646 Uhr Lokalzeit in JFK.

Als wir ca 300 Meter vor unserem Gate sind, ruft uns der Bodencontroller: “Swiss Fourteen Echo Heavy, hold position!” Der Grund: unser Gate ist noch blockiert. Wir ahnen Schlimmeres, denn Die Maschine der Qatar Airways hat noch nicht einmal einen Pushback-Traktor… der kommt erst nach weiteren 15 Minuten, womit für uns endlich der Weg ans Gate frei ist. Als wir schon halb in unserem “Parkplatz” stehen, funktioniert das elektronische Leitsystem nicht. Eine Nachfrage beim Controller ergibt, dass unsere Bodencrew diese in Betrieb nehmen müsse. Diese seien aber erst unterwegs, da sie noch ein anderes unserer (insgesamt drei) Flugzeuge in JFK abfertigen mussten. Wir, die Qatar Maschine, die nun von uns blockiert wird und Herr Murphy warten. Immerhin, weitere 7 Minuten später erscheinen unsere Leute. Um 1712 Uhr können wir endlich mit einer Stunde und sieben Minuten Verspätung die Parkbremse setzen … und auf Murphy pfeifen!

Von wegen: nach dem Aussteigen der Passagiere erklärt uns der Herr von unserer Bodencrew, dass man zuwenig Leute hätte, um das Gepäck auszuladen und wir uns deshalb nicht beeilen müssten, das Flugzeug zu verlassen. Die Crew vom Vortag hätte rund 90 Minuten gewartet! Aaaaaber, so versucht uns der Herr gnädig zu stimmen, heute ginge es garantiert nicht mehr so lange…  ob dies Herr Murphy auch so sieht?

Wir warten noch weitere fünfzehn Minuten auf dem Flugzeug, bis der Herr vom Boden meint, dass es jetzt ok sei und die Koffer in Kürze beim Band seien. Vorbei an den schier endlosen Schlangen von Passagieren, kommen wir beim Gepäckband an. Es ist leer und läuft noch nicht einmal. Nach und nach treffen auch unsere frisch kriminaltechnisch erfassten Passagiere beim Band ein, dass noch immer nicht läuft. Wir und unsere 235 Passagiere warten, warten und warten. Noch einmal 50 Minuten!

Nach den Einreiseformalitäten plumpsen wir in die Sitze unseres Buses. Es ist jetzt 1840 Uhr. Der Verkehr ist wie so oft in New York so dicht, dass es weitere 55 Minuten dauert, bis wir in der Hotellobby in Manhatten auf unsere Schlüssel warten. Die Schlüssel werden verteilt, man verabschiedet sich und wartet vor den Aufzügen, die natürlich allesamt ganz oben sind und mit einer gefühlten Geschwindigkeit von einem Stockwerk pro Stunde zu uns nach unten schleichen. Wir elf Crewmember, Herr Murphy und einige andere Hotelgäste warten. Steter Tropfen höhlt den Stein, auch der langsamste Aufzug ist irgendwann in der Lobby und auch die grösste Crew ist irgendwann im kleinsten Lift und ich im Zimmer. Meine Uhr zeigt jetzt 1950 Uhr. In der Schweiz ist es jetzt 0150 Uhr Nachts – die beste Zeit um in die Lichter von New York einzutauchen…

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Posted in in the air | 6 Comments »

6 Responses

  1. sk@rt's Says:

    hmm, erinnert mich an unseren Flug mit HB-JHD 04.10. LX16… hier wurde ein Techniker bei einem “Routinecheck” mit > 20 Liter Kerosin geduscht; kein schöner Anblick. Der Captain entschied sich dann sogar für eine persönliche Ansage am Gate, da ein offenes Triebwerk sowie Feuer- und Oelwehr um den Flieger für die Passagiere nicht gerade Freude bedeutet. Wir sagten uns: lieber Kerosinaustritt am Boden als dann in der Luft – so nimmt man gerne etwas Verspätung in Kauf. Der Flug verlief dann ohne Zwischenfälle (ausser dass das Entertainment System ständig abstürzte… aber auch hier: lieber die Unterhaltungssoftware als die Software vorne im Cockpit). Ja, das Leben ist voller Überraschungen…

  2. G! Says:

    Ja, in einem solchen Fall ist eine Info durchaus sinnvoll und für die Passagiere beruhigend…! Bei den “Neuen”, sprich den 300ern ist das Entertainment System DAS Sorgenkind…fliegerisch – und das ist beruhigend 🙂 – laufen sie problemlos…

  3. philippe Says:

    Oje, das empfinde ich jeweils als äusserst mühsam wenn man nach langem Flug nicht baldmöglichst aussteigen kann. Verspätung vorher empfinde ich da als weniger schlimm wenn man nicht zu knapp ist mit anschlussflügen.

    Kriegt ihr das mit dem IFE-System in den griff? Als Movie-Liebhaber rechne ich fest damit, so unterhalten zu werden. Bis jetzt hatte ich aber noch immer glück und die Filmchen liefen…

  4. G! Says:

    Die Passagiere konnten sofort aussteigen…nur mussten Sie (auch) warten, bis die Koffer auf dem Band waren. Da die Passagiere aber (wie üblich) sowieso auch bei der Einreise (sehr) lange warten mussten, gings nachher “schneller”, bis die Koffer da waren 😉

    Ja, das mit dem IFE kommt sicher. Was ich gehört habe, scheint dies bei neuen Flugzeugen und Systemen immer eine Schwäche zu sein…frag mich keiner warum. Aber hauptsache der fliegerische Teil funktioniert.

  5. Dennis Says:

    Hi,
    das ist aber sehr anstrengend. Ich war vor sehr langer Zeit in KLAX (Lufthansa/ Boeing 747-400) und das hat mir komplett gereicht.
    Ich habe mal eine Frage zu dem unterem Bild. Gibt es eigentlich Bestimmungen wo ihr die Mütze aufsetzten müsst?

  6. G! Says:

    Selbstverständlich ist das – wie inzwischen nahezu alles in der Fliegerei – auch geregelt. Unser Uniformreglement verlangt, dass der Deckel “in public areas” getragen wird. Den PilotINNEN ist das Tragen – ganz im Sinne der Emanzipation wie ich sie schon definiert habe – freiwillig überlassen…

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