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Der herrenlose Koffer

July 17th, 2010 by G!

Mumbai (Indien), 26. November 2008

Bei einer blutigen Anschlagserie von Terroristen werden über 100 Personen umgebracht und es kommt zu Geiselnahmen in zwei Hotels. Darunter ein Hotel, in welchem auch Airline Crews übernachteten.

Swiss Crewhotel, Mumbai (Indien), Anfangs Juli 2010

In rund vier Stunden klingelt das Telefon und mein Nightstop im Monsun von Mumbai geht zu Ende. Bevor ich mich für die zweite schlaflose Nacht auf FL390 in diesem Monat vorbereite und versuche, etwas vorzuschlafen, will ich die Hotelrechnung begleichen und bereits auschecken. Während ich auf den Fahrstuhl warte, fällt mir ein Aktenkoffer auf, der neben einem Fahrstuhl steht. Die Anschläge in Mumbai und unser Security Training im Hinterkopf, klingeln bei mir sofort die Alarmglocken. Was an Flughäfen und in Flugzeugen gilt, gilt auch für Hotels: herrenlose Gepäckstücke sind verdächtig und dürfen nicht berührt werden! Ich sehe mich um und erkenne, dass ich die einzige Person in der Nähe des Koffers bin. Kein allfälliger Besitzer. Schlecht. *Biiiing* Mein Lift kommt.

In der Lobby angekommen, marschiere ich geradewegs zum ersten Angestellten und erkläre ihm, was ich soeben für eine Entdeckung gemacht habe. Auch er ist sofort alarmiert und stellt mir gezielte Fragen. Dann bittet er mich, ihm das Objekt vor Ort zu zeigen. Im Personalaufzug fahren wir wieder ins besagte Stockwerk, wo der Koffer – wie zu befürchten war – immer noch unverändert steht. Auch er berührt den Koffer nicht, sondern geht zum nächsten Telefon und lässt sich mit der Securityabteilung verbinden.

Wieder in der Lobby angekommen, werden wir schon von einem Securitymitarbeiter, zu erkennen daran, dass ich etwa einen Viertel seines Volumens und die Hälfte seiner Grösse habe, in Empfang genommen. Nach ein paar indischen Wortfetzen mit dem mich begleitenden Angestellten, stellt auch er mir diverse Fragen. Er nickt und spricht etwas in sein Funkgerät, bedankt sich bei mir und versichert, dass er sich der Sache annehmen und sich bei mir melden würde.

Zeit für mich, endlich das zu tun, wofür ich eigentlich in die Lobby kam: auschecken. Nachdem ich ausgecheckt habe, kommt eine kleine, zierliche Hotelangestellte in traditioneller indischer Bekleidung zu mir. “Hello, I’m the Dutymanager…”. Sie bedankt sich bei mir für die Meldung und erklärt mir, dass es sich um eine Übung für das Personal gehandelt habe. Man wollte testen, ob das Personal den Koffer entdeckt, wie lange es geht und wie sie reagieren würden.

Ich gehe auf mein Zimmer und stelle fest, dass der Koffer bereits entfernt wurde. Es ist schön zu wissen, dass solche Übungen in unserem Hotel durchgeführt werden, dass man sich der Gefahren bewusst ist und dass die Angestellten ernsthaft mit Meldungen umgehen. Mit einem guten Gefühl schlafe ich ein…

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Posted in master warning, off/duty, on the ground | 2 Comments »

2 Responses

  1. Theodor Says:

    Noch ein sehr interessanter Beitrag!
    Ich habe nur (eine vielleicht dümme) Frage. Warum schreiben Sie ‘…die Hotelrechnung begleichen…’?
    Sie bezahlen Ihren Aufenthalt nicht selbst oder?

  2. G! Says:

    Vielen Dank. Jein. Das Hotelzimmer wird (selbstverständlich) von Swiss bezahlt, alles andere aber nicht, und das musste ich begleichen. Wir bekommen allerdings Spesen ausbezahlt. Diese reichen je nach Destination und Lebensstil für die Kosten im Layover – oder eben nicht … 🙂

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