Von Vorlieben und Befriedigung
May 23rd, 2007 by G!Eine Geschichte für sich ist, wie unser Einsatzplan zustande kommt. Schliesslich gibt es mindestens soviele Einsatzplanungssysteme wie Airlines. Das fliegende Personal der Swiss, also Cabin und Cockpit Crews, benutzen dazu ein IT-Tool mit dem klingenden Namen "PBS". PBS steht für Preferential Bidding System.
Bis zum 15. jedes Monats können wir das System mit unseren "Bids", unseren Wünschen bzw. Präferenzen, für den Einsatzplan des nächsten Monats füttern. Hilfe dazu gibt ein mehrere dutzend Seiten starkes Heft, in dem steht, wie zB. Wünsche gewichtet werden können, welche Wünsche überhaupt möglich sind und wie diese in das System eingegeben werden müssen. Am Ende resultieren Wünsche in der Form von "10 pts avoid fly thru xxxx", wenn jemand nicht nach xxxx fliegen will oder "500 pts desire flight LXxxxx on 01/06" wenn man am 1. Juni den Flug xxxx möchte. Sogar "x pts avoid work xx/yy" ist möglich (obwohl fliegen meiner Auffassung zufolge nicht "work" ist ).
Danach ist es Aufgabe des sogenannten Optimizers, die im entsprechenden Monat durchzuführenden Flüge mit den Wünschen sämtlicher Besatzungsmitglieder wenn möglich irgendwie in Übereinstimmung zu bringen. Dabei soll – daher der klingende, neudeutsche Name – das Optimum (also auch eine effiziente Planung) resultieren. Wie man sich vorstellen kann, ist dies bei rund 800 Piloten und mehr als doppelt sovielen Cabin Crew Members keinesfalls einfach.
Das System hat – ausser den Eingaben der Crewmember, welche eben nur "Wünsche" oder Präferrenzen sind – jede Menge Rahmenbedingungen, zwangsläufig einzuhalten:
- Vorgaben der Arbeitsverträge, wozu die Flugzeitlimiten ("Flight Duty Regulations", FDR) gehören;
- als Obergrenze zu den FDR die gesetzlichen Vorgaben für Maximalflugzeiten;
- zahlreiche Vorgaben, welche den Planern eingefügt werden: Checks, Ausbildungsflüge, Simulatoreinsätze usw.;
- dazu kommen natürlich noch Ferien, Teilzeitverträge, temporäre Einsätze und und und.
So resultiert zirka am 24. jeden Monats der Plan für den Folgemonat. Damit nicht genug: Die Wunscherfüllung wird mathematisch korrekt in der soganannten "Satisfaction" erfasst. Je nachdem, ob die Wünsche erfüllt wurden oder nicht, resultiert nun eben eine hohe oder – wie schon die Stones sangen – gar keine Befriedigung.
Ab der Planveröffentlichung kann man sicher sein, was das Gesprächsthema Nr. 1 im Ops ist: der neue Einsatzplan oder eben, die (nicht vorhandene) Satisfaction.
Ich habe nunmehr meinen zweiten im genannten Sinn selber "beeinflussten" Plan erhalten und betrachte mich noch als in der "Trial and error"-Phase. Für den Mai-Plan hatte ich nur wenige Bids plaziert und eine Satisfaction von sagenhaften 90% erzielt. Dazu muss aber gesagt werden, dass ich insgesamt 10 Tage Standby/Reserve habe/hatte. Mit diesen Blöcken verletzt das System meine Bids nicht (was zu einer schlechteren Satisfaction führen würde), selbst wenn die Einsätze, die ich letzten Endes bekomme, meinen Wünschen widersprechen. Für die Satisfaction gilt nur der veröffentlichte Plan. Daher relative 90%.
Dieses Mal versuchte ich es mit vielen, auf alle Eventualitäten ausgerichteten und sehr ausgeklügelten Wünschen. Die Idee war, dass meine Wünsche sämtliche Rahmenbedinungen einhalten und ich mir so den ganzen Monat selber "geplant" habe. Ich war mir bewusst, dass das Risiko bei so einer Vorgehensweise ist natürlich sehr hoch ist, denn meine Wünsche waren wohl nicht "effizient" im Sinne des Systems und erst recht nicht, wenn das Korps und sämtliche zu besetzenden Flüge betrachtet werden. Nun, sobald das System einen Wunsch nicht erfüllen kann, stürzt mein Planungskonstrukt in sich zusammen.
So geschehen. Von 14 Wünschen bekam ich deren zwei erfüllt. Satisfaction 22%. Dennoch bin ich subjektiv mit meinem Juni-Plan sehr – und damit zu weit mehr als 22% – befriedigt. Es ist halt (auch) eine Frage der Einstellung.
Posted in on the ground | 7 Comments »