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Gefahren und Bewusstsein

August 5th, 2009 by G!

Meine letzte Rotation brachte mich zum zweiten Mal nach Afrika: über Douala gings in die Hauptstadt von Kamerun, nach Yaoundé. Neben der fliegerischen Vorbereitung galt es – wie zB in Jeddah – die beachtliche Liste mit Sicherheitshinweisen zu studieren. Wie das EDA in seinen Reisehinweisen festhält, ist “[d]as Ausmass der Gewaltkriminalität ist vor allem in den zwei grössten Städten Douala und Yaoundé […] Besorgnis erregend”. Darum empfiehlt es sich, zwar keine Wertgegenstände, jedoch soviel Geld mit sich zu führen, “um keine Gewaltanwendung zu provozieren” (so das Deutsche Auswärtige Amt in seinen Reisehinweisen). Hinzu kommt, dass wir als Swiss-Crew ein “laisser-passer”-Dokument bekommen, das vom kamerunesischen Polizeichef ausgestellt ist und uns “freies Geleit” bei Polizeikontrollen ermöglichen soll. Da Korruption weit verbreitet ist und das Dokument alleine  deshalb nicht ausreichen könnte, sind darauf noch drei Telefonnummern irgendeines Ministeriums angegeben, welches wir im Notfall anrufen können und sollen. Das Handy muss deswegen immer “auf Mann” sein…

[Hinweis zu den Gallerien: wird ein Bild aus der Reihe angeklickt, wird es darüber grösser angezeigt. Ein Klick auf das grössere Bild öffnet es in einer Lightbox in der Originalgrösse]

[myginpage=dlansi]

Nichts desto trotz, wurden wir am Nationalfeiertag (den wir ausnahmsweise tatsächlich “arbeitsfrei” in Yaoundé verbringen durften) vom “Ambassadeur de Suisse” in Kamerun zu einer Feier eingeladen. Wie es sich für Schweizer und in Afrika gehört, wurde diese nicht luxeriös und pompös in der Schweizer Botschaft, sondern unter einfachen Verhältnissen in einer mit Schweizer Hilfe betriebenen Schule gefeiert. Einer kurzen Ansprache des Botschafters folgte ein gemeinsames Essen der nahezu vollständig anwesenden Crew mit anderen Schweizern aus der Region im Speisezimmer der Schule. Schweizer Würste, Raclette (bei 28 Grad Celsius!) und lokale Früchte zum Dessert standen auf der Speisekarte.

Kamerun gehört zu den Gebieten, in denen Malaria sehr verbreitet ist. Deshalb habe ich schon bei der Ankunft meine nicht bedeckten Körperstellen ausgiebig mit Antiinsektenmittel eingesprayt. Abends  helfen zusätzlich noch lange Kleidungsstücke, das Risiko einer Ansteckung zu minimieren. Malaria ist in Kamerun mit 8% die dritthäufigste Todesursache. An erster Stelle liegt – nicht überraschend – AIDS/HIV mit 21%! (vgl. die Übersicht der WHO).

Apropos Todesursache: Gemäss aktuellsten Angaben der WHO vom 31. Juli sind bisher 1154 Menschen an der Schweinegrippe H1N1 gestorben. Weltweit. Da es sich um Menschenleben handelt, eine zu hohe Zahl. Angesichts dessen, dass täglich über 11000 (!!!) Menschen an HIV/AIDS, Tuberkulose und Malaria sterben (davon ca 2/3 aus Afrika), erscheint die Schweinegrippe (derzeit?) mehr als harmlos. Der grosse Unterschied liegt darin, dass uns die eine Problematik täglich über die Massenmedien bewusst gemacht wird, während die andere totgeschwiegen wird – soviel zum Einfluss der Massenmedien auf unsere Wahrnehmung(*)…

www.one.org

(*) Aktueller den je deshalb: Michael Crichton’s Roman “State of Fear” (dt: “Welt in Angst“)

PS: der neue Einsatzplan ist downloadbar

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Einsatzplan Mai: Back to the roots

May 2nd, 2009 by G!

Nachdem die letzten Monate von der Ausbildung auf dem Airbus 330 geprägt waren, befinde ich mich jetzt in der sogenannten “Konsolidierungsphase”. Das bedeutet, dass ich nach dem offiziellen BAZL-Check eine gewisse Anzahl Tage bzw. Flugstunden ausschliesslich auf dem Airbus 330 fliegen darf. Erst wenn diese Konsolidierung abgeschlossen ist, darf ich meine Hand wieder an einen Airbus 320 Sidestick legen.

Da man aber, um Passagiere mit einem Flugzeug befördern zu dürfen, innerhalb der letzten drei Monate mit dem entsprechenden Flugzeugtyp mindestens 3 Starts und 3 Landungen gemacht haben muss, ergibt sich ein weiteres Problem.  Meinen letzten Flug mit einem Airbus 320 hatte ich nämlich Anfangs Februar. Da meine Konsolidierung auf dem Airbus 330 aber noch fast bis Ende Mai dauert, darf ich wiederum nicht einfach in einen Airbus 320 einsteigen und losfliegen, da ich das erwähnte Erfordernis der Starts und Landungen nicht erfülle. Dieses Problem wird dadurch gelöst, dass ich einen “must-320-Tag” mit 4 Legs geplant bekomme, und zwar – damit alles seine Richtigkeit hat – mit einem Checkcaptain. Erst dann darf ich Airbus 320 und 330 “mixed fleet” fliegen. Von diesem Moment an muss ich jeweils – wie alle Piloten, die mehrere Flugzeugtypen fliegen – die nötigen Starts und Landungen überwachen, damit ich auf dem jeweiligen Typ “current” bleibe, ihn also fliegen darf.

Zusätzlich zu meiner Airbus 320-Wiederauffrischung mit 4 Legs, auf die ich mich freue, werde ich diesen Monat meine Tage in Tel Aviv (2x), Jeddah und Montreal (2x) verbringen. Dazu kommen noch 3 Tage Schulunterricht mit einem Crew Resource Management (CRM) Kurs und zwei Tage – mit dem Einsatzplan – zugeteilte (sogenannte “variable”) Ferien.

..und ab dem 15. warte ich gespannt darauf, wie mein erster “richtiger” 320/330-Mixed-Fleet Plan für den Juni aussehen wird. Aber bis dahin ist der Mai-Plan hier downloadbar.

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Expect the unexpected oder Finalcheck Airbus 330

April 23rd, 2009 by G!

Rückblick

Der April hatte es bisher in sich, denn meine Streckenausbildung auf dem Airbus 330 läuft lief auf vollen Touren. Da war zunächst nach fast einem Monat Staatsferien die zweite Rotation mit einem Quasi-wieder-Erstflug nach Mumbai, Indien. Danach gings nach Riad und Jeddah in Saudiarabien, gleichzeitig lizenzrelevanter Checkflug für das Bundesamt und Swiss-interner “Midcheck”. Im Anschluss stand Nairobi, Kenya und Dar es Salaam, Tansania auf dem Programm. Alles Flüge, bei denen ich eine Qualifikation bekommen habe, wie es bei unseren Ausbildungen üblich ist. Der Höhepunkt und Abschluss der Ausbildung sollte am vergangenen Montag statt finden: der Finalcheck.

Planung

Geplant für den Check war ein Tel Aviv-Turnaround (Hin- und Rückflug am selben Tag). Das bereite ich auch vor und studiere den Platz, den ich schon von zwei Besuchen mit dem A320 kenne.

Realität

Am Montag Morgen reisst mich das Klingeln des Telefons aus dem Tiefschlaf. Nur langsam begreife ich, dass das Telefon klingelt. Um diese Zeit muss es ein Notfall sein, denn es ist 0600 Uhr, mehr als eine halbe Stunde vor meinem geplanten Wakeup-“Call”. Das Display verrät mir, dass es eine Nummer der Swiss ist. Um diese Zeit?! Im Delirium nehme ich ab und höre erst einmal zu: “Guete Morge Herr Gächter, Crew Dispo … Entschuldiged Sie, dass ich sie geweckt han.” Die Kurzversion von dem, was mir die Dame in meinem Dämmerzustand erklärt: Checkpilot krank – ich werde einem neuen Checker zugeteilt – Flug nach JFK New York, checkin in gut zweieinhalb Stunden. Als ich aufgehängt habe, starte ich erst einmal mein Thinkpad um schriftlich zu sehen, was ich glaube verstanden zu haben. Dann gehen mir tausend Gedanken durch den Kopf: Nightstop=Packen; Unterlagen JFK zusammen suchen und vor allem noch einmal anschauen, denn auch die Planung über den Nordatlantik ist nicht wirklich gleich wie die nach TLV usw.Für alles reicht es nicht, drum muss ich Prioritäten setzen und das um diese Zeit.

Im OPS angekommen schaue ich das Wetter an, um zu “entscheiden” ob ich nach JFK oder zurück fliegen will, denn im Normalfall lässt der Captain den First Officer entscheiden. Die Vorhersage für unsere Ankunftszeit sagt starke Winde mit Böen voraus. Da ich bisher auf dem Airbus 330 immer relativ ruhige Windverhältnisse hatte und ich mich nicht am Checkflug in Szene setzen will, ist die Entscheidung schnell gefällt: ich fliege den Rückflug. Davon gehe ich aus, bis der Checker nach der Begrüssung meint, dass ich doch nach JFK fliegen soll, denn Zürich stehe ja genug auf dem Programm… Ooooookkkkeeeee, das Wetter wird bestimmt besser, es hat ja noch über acht Stunden Zeit – und die Hoffnung stirbt zuletzt.

Kultanflug

Als wir uns langsam aber sicher für den Anflug in JFK bereit machen müssen, bestellt der Captain die Anfluginformationen. Meine Hoffnungen werden jäh zerstört: das Wetter findet nicht nur wie vorhergesagt, sondern mit noch mehr Wind statt. Typisch Checkflug. Aber das ist nicht alles: der Anflug wird nicht ein 0815-ILS-Anflug, wie wir ihn tagtäglich fliegen, sondern ein sogenannter Canarsie-Approach. Unter Piloten ein Kultanflug, da er nicht ganz einfach zu fliegen ist und selten geflogen werden darf. Speziell ist, dass man im rechten Winkel zur Pistenachse mit den Anflughilfen anfliegt um dann relativ tief – 500 Meter und weniger über dem Boden – eine 90-Grad-Kurve nach Sicht fliegt um das Flugzeug auf der Pistenache aufzulinieren. Da man schon sehr tief fliegt, bleibt relativ wenig Zeit, den Anflugwinkel und die Längsausrichtung auf die Pistenachse richtig hinzukriegen. Der Anflug ist vom Vefahren her vergleichbar mit dem berühmten Anflug auf den alten Flughafen Kai Tak in Hong Kong. Darum weist der Captain die Passagiere darauf hin, dass wir in Bodennähe eine starke Kurve fliegen würden, dies aber zum Anflug gehöre.

Ich meine zum Captain, dass das typisch Check sei, zum ersten Mal starken Seitenwind, Böen und und dazu noch einen Canarsie-Approach. Er lacht und meint, dass er den Anflug schon fliege, wenn ich nicht wolle, denn er warte schon seit Jahren darauf… Aber diese Freude will ich ihm nicht lassen, denn ein anderer Kollege, der bei der Mutti schon seit einigen Jahren Langstrecke fliegt, hat – wie ich heute erfahren habe – den Anflug auch noch nie geflogen und wer weiss, wann ich wieder eine Chance hätte. Chancen die sich einem ergeben, soll man nutzen und wenn schon alles nicht so wie geplant statt findet, dann aber richtig.

Ich bereite den Anflug im System vor und studiere ihn, bevor ich dem Captain beim sogenannten Approachbriefing erkläre, wie ich ihn fliegen will und was speziell ist. Er gibt mir noch ein paar Hints und Tips und dann gehts los. Als wir uns im Anflug befinden, ist das Wetter nicht wirklich angenehm, was den Anflug noch anspruchsvoller werden lässt:

Es regnet leicht und es herrscht Ostwind mit 23 Knoten mit Böen bis 30 kts (42 km/h mit Böen bis 55 km/h). Die Pistenrichtung ist 13, das bedeutet der Wind kommt am Ende von vorne links mit einer Seitenwindkomponente von rund 15 kts (28 km/h).

Auf 3000 ft über Grund haben immer noch über 74 km/h (40 kts) Seitenwind, was die Einschätzung des visuellen Teils des Flugwegs sehr erschwert, da ja noch eine 90-Grad-Kurve geflogen werden muss. Der Wind wird zwar noch abnehmen, aber nicht mehr wirklich viel… Als ich den Autopiloten ausschalte haben wir sehr starke Böen und unser Airbus 330-200 wird trotz 165 Tonnen Gewicht ordentlich durchgeschüttelt. Ich bin damit beschäftigt die Lage zu verteidigen und zu erkennen, wie mein Gleitwinkel ausschaut, wo ich durchfliegen und wann ich eindrehen muss. Die Nase noch ein wenig nach oben, jetzt eindrehen, warten bis sich die Masse bewegt und ihre Lage gefunden hat. Jetzt stimmt der Winkel, ich nähere mich der Pistenachse und lege den Segelflieger noch in eine Rechtskurve. Da der Wind von links kommt, muss die Nase im Endanflug – wenn wir letzten Endes gerade auf die Piste zufliegen – nicht gegen die Piste, sondern nach links zeigen, sonst stimmt der Flugweg nicht und es driftet mich neben die Piste ab. Gedacht – getan, ich leite die Kurve aus und lasse die Masse stabilisieren. Es folgen weitere Korrekturen im Gleitweg und in der Längsrichtung und ich verteidige meinen Aiming-Point (das ist der Ort auf der Piste, auf dem das Flugzeug zufliegen muss – 300m nach Beginn der Piste), was angesichts der Winde nicht einfach fällt. Sämtliche Parameter stimmen, als die synthetische Stimme “one hundred” – 100 Fuss / ca. 30m über dem Boden – ausruft. Auf 50 ft beginne ich den Landeablauf, nehme das Gas zurück und richte die Nase ein wenig in Pistenrichtung aus… noch ein klein wenig mehr am Sidestick “ziehen”, die Sekunden bis zum Touchdown erscheinen wie eine Ewigkeit: Habe ich zuviel gezogen oder wird es gleich rumpeln? Mein Eindruck sagt mir, dass es gut kommt. Und da: die hinteren Räder des Hauptfahrwerks touchieren komfortabel den New Yorker Boden und ich fahre sofort den Reverse (Umkehrschub) aus, lande die übrigen Räder des Hauptfahrwerks und das Bugfahrwerk.

Fünf Minuten später steht der Swiss-Flug LX16 am Gate und ich habe meine Canarsie-Approach-Taufe erfolgreich bestanden. Nach einem Aufenthalt in der City of Blinding Lights und dem Rücknachtflug über den Atlantik gratuliert mir der Checkpilot zum erfolgreich bestanden Finalcheck auf dem Airbus 330.

Einige Eindrücke der Rotation:

[myginpage=finalcheck330]

Den interessanten Beitrag von Kollege SKYPOINTER über seinen Jungfernflug nach JFK mit dem neuen Swiss A330-300 findet man HIER.

Ach ja: mit reichlich Verspätung  – und schon fast als Rückblick gedacht – mein Aprilplan, der > HIER < downloadbar ist.

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