Bekanntlich gibt es sie ja, diese Situationen, die sich bei genauer Betrachtung als Griff ins Klo erweisen…
London: Sonntag, 7. Oktober 2007
2215 LT
Hinter mir liegt ein 11 Stunden Einsatztag, bei welchem wir in drei Flügen etwas weniger als 600 Passagiere an ihre Destinationen befördern durften. Ich schliesse die Türe zu meinem Hotelzimmer auf, vergewissere mich, dass es tatsächlich leer ist und schleppe meinen Crewbag(*) und den Koffer ins Zimmer. Ich räume das Nötigste aus dem Koffer, wozu auch mein Necessaire (= Kulturbeutel**) gehört. Als ich dieses öffne und einige Utensilien herausnehmen will, fällt mir auf, dass sich mein Rasierschaum leicht glibberig anfühlt. Zunächst denke ich, dass ich die Seife an meinen soeben gewaschenen Hände nicht ganz abgespült habe und räume weiter aus. Beim nächsten Griff dasselbe "gleitende" Gefühl. Ich ahne Übles – und tatsächlich, jetzt hat es auch mich erwischt: ein Duschmittel ist mir trotz sämtlicher Kontrollen und Vorsichtsmassnahmen ausgelaufen.
Ich lokalisiere den Übeltäter und stelle ihn kalt bzw. nass. So verbringe ich die ersten 10 Minuten im Hotel damit, mein Necessaire auszuräumen und das Duschmittel möglichst zu entfernen. 20 Kleenex und 3 Liter Wasser später (das Zeug schäumte unaufhörlich) bin ich am Ziel angekommen und habe nun ein duschmittelfreies, aber allerdings ziemlich nasses Teil vor mir. Nun ja, die Nacht wird schon reichen, um es zu trocknen. Andernfalls sieht mein Plan B am Tag danach den Fön vor.
2226 LT
Die Widrigkeit ist besiegt, das Necessaire zum Trocknen liegen gelassen, mache ich mich daran, endlich meine Uniform auszuziehen.
2226 und 37sek LT
Ich bin noch nicht einmal fertig mit ausziehen, als ich ein Geräusch aus dem Bad vernehme. Etwas ist gefallen. Das Geräusch war für ein Badetuch zu laut. Mir kommt nichts anderes in den Sinn ausser … Deshalb renne ich immer noch halb uniformiert ins Bad, wo sich mir folgendes Bild auf die Netzhaut brennt:
"Glück" im Unglück: Mein Necessaire war zu gross, als dass es im Klo noch nässer geworden wäre…
(*) Pilotenkoffer oder auf lufthanseatisch: Flightkit. Letzeres erstaunt mich immer wieder, denn die Lufthansa hat einen ausgesprochenen Drang, die in der Aviatik üblichen, englischen Begriffe zu verdeutschen. Mein Lieblingsbeispiel: APU. Die Abkürzung steht für Auxillary Power Unit (die Miniturbine im Heck des Flugzeuges, welche dieses mit Druckluft und Strom versorgen kann). Bei Swiss wird APU englisch, also [eipi’iu:] ausgesprochen (man verzeihe mir allfällige Fehler in der Phonetik, aber es ist schon eine Weile her…). Bei unserer Mutter wird die englische Abkürzung eingedeutscht und ganz naheliegend [a:pu] ausgesprochen – davon gäbe es noch mehr Beispiele. Warum gerade ein Gegenstand, der mit so einfachen deutschen Begriff bezeichnet werden könnte, einen eigenen englischen hat, ist mir schleierhaft und konnte mir bisher noch kein Kranich-Kollege erklären… Aber das nur am Rande.
(**) Noch so ein sprachliches "Problem": Da im Necessaire – zumindest bei Männern – nur das Nötigste (eben, was nécessaire, also nötig ist) drin ist, scheint mir dieser Begriff treffender als Kulturbeutel, denn mit Kultur haben die Sachen, die ich da mit mir rumschleppe nicht wirklich was zu tun…aber vielleicht bin ich ja eine Ausnahme.
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