Der Quotenmann
May 14th, 2008 by G!Zu meiner Freude ist eine (Kurzstrecken)-Cabincrew in den meisten Fällen überwiegend weiblichen Geschlechts. Das bedeutet, dass sehr oft sämtliche Cabincrew-Member weiblich sind, vielfach allerdings auch ein Quotenmann dabei ist. Eher selten halten sich die Geschlechter die Waage und – darüber bin ich natürlich nicht unglücklich – ziemlich selten gibt es Cabincrews mit überwiegend Männern oder sogar reine Männercrews. In diesem Fall kann man das Erstaunen (und die Freude) auf den Gesichtern der weiblichen und die Enttäuschung auf denjenigen der (meisten…) männlichen Passagiere ablesen.
Neulich eröffnete sich mir beim Ausdrucken der Crew-Zusammenstellung der nächsten zwei Tage-Rotation aber eine gänzlich neue Konstellation: nur ein M (ännlich) auf der Liste, welche Cockpit- UND Cabin-Crew aufführt! Ok, am frühen Morgen kann sowas schon passieren, drum: Augen gerieben, Linsen zurechtgerückt und feucht-gezwinkert, neu fokkusiert. Mit demselben Resultat: nur ein M. Und das natürlich hinter meinem Namen! Ich als Quotenmann! 🙂
So war es denn auch, ich flog zum ersten Mal mit einer reinen Frauencrew. Und diesmal machte die “reine Frauencrew” nicht bei der kugelsicheren Cockpittüre halt, denn auch “der” Commander war eine Frau. Nach insgesamt rund eindreiviertel Jahren in der Swissair/Swiss war es zum ersten Mal soweit, dass ich mit einer FlugkapitänIN (derzeit gibt es bei Swiss International deren drei) fliegen durfte. Für mich kein Problem, da ich die Auffassung vertrete, dass Funktionen nur nach Fähigkeiten und nicht nach Hormonzusammensetzung zu besetzen sind und daher jede Quote des Geschlechts wegen verabscheue (dazu noch mehr weiter unten). Wie erwartet war die Zusammenarbeit mit einer Frau auf dem linken Sitz genau so interessant und abwechslungsreich mit ihren männlichen Pendands. Alles andere hätte mich überrascht.
Zwei interessante Fakten zu Frauen im Cockpit:
– Die KapitäntIN, mit der ich das Flugvergnügen hatte, war die erste Frau, welche bei Swissair die Pilotenausbildung angefangen hat und dementsprechend auch die erste KapitänIN bei Swissair mit inzwischen über 20 Jahren Flugerfahrung!
– Warum es vor ihr keine Frauen gab? Weil bis dahin das männliche Geschlecht ein Selektionsmerkmal war! Frauen konnten sich bis etwas nach Mitte der 80er-Jahre nicht als Pilotinnen bei Swissair bewerben! Der Grund dafür liegt in der Geschichte, denn in den Anfangstagen der Swissair selektionierte diese ihre Piloten aus der Luftwaffe (= Männer)…
Zahlreiche männliche Passagiere geben ihrer Überraschung, dass sie eine Frau (!) wohlbehalten ans Ziel gebracht hat, offen Ausdruck. So meinte einer voller Freude beim Aussteigen: “Well done!” Weder zu mir , noch zu einem männlichen Kaptain habe ich dies je sagen hören. Und ich bin mir sicher, dass keiner dieser Gäste dem Piloten des Crossair-Fluges, der in Bassersdorf 2001 abgestürzt ist, dies nach einer Landung gesagt hätte, denn er war ja ein Mann und Kapitän, wie manN ihn sich vorstellt…
Diese geschlechterspezifische Denkweise ist leider noch in unseren Köpfen verankert und zwar nicht nur in denen der Männer (wie dieses Beispiel zeigt), sondern auch (und gerade) in denen der Frauen. Wie oft höre ich bei politischen Diskussionen, dass es super sei, dass wir soviele Frauen im Bundesrat haben und wie hervorragend die “Auffallen-um-jeden-Preis-mit-der-lustigen-Strähne-Bundesrätin” sei. Wenn ich nach ihrem politischen Leistungsausweis Frage, verstummen jeweils die Stimmen mehr oder weniger schnell. Menschen – egal welchen Geschlechts – die meinen, sie bräuchten Quoten um an Funktionen zu kommen, zeigen damit gerade, dass sie nicht in der Lage sind, aufgrund ihrer Fähigkeiten und Qualitäten ans Ziel zu kommen, weshalb sie ihr Geschlecht dafür nutzen. Das ist falsch, denn Quoten sind Schutzmechanismen, die nur der-/diejenige braucht, der nicht über die nötigen Fähigkeiten verfügt. Funktionen müssen nach Fähigkeiten und Leistungsausweisen und nicht nach X oder Y Chromosomen verteilt werden. Das gilt nicht nur im Cockpit, sondern in allen Lebensbereichen, auch in der Politik. Das wäre Gleichberechtigung!
Der für-einmal-Quotenmann hat fertig.
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