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Von Bienen und zwei süssen Hasen im Cockpit

April 16th, 2010 by G!

Vor kurzem sah ich mehr rot, als mir lieb war und musste daher unter anderem – wie Kollege skypointer – das sogenannte Ground Refresher Training (GRT oder RGC = Recurrent Ground Course) besuchen. Dabei handelt es sich um den jährlichen, lizenzrelevanten Ausbildungstag am Boden. Weil angesichts der Tatsache, dass wir Piloten den Kurs mit unseren Kolleginnen von der Kabine zusammen bestreiten, die Gefahr bestehen könnte, dass wir “abgelenkt” (Stichwort: Teambildung!) sind, und der Ausbildung nicht folgen, hat sich das BAZL etwas überlegt: Überraschung – es gibt natürlich am Ende des Tages 40 Fragen in Form eines e-Tests. (Klammer auf — Auch wenn Frauen – wie von Kollege Dide dargestellt – etwas anderes behaupten, sind wir Männer, und insbesondere Piloten von Berufs wegen, multitaskingfähig (dies ganz im Gegensatz zum iPhone bis zur Version 3.0, aber ich habe ja noch nie behauptet, das iPhones männlich bzw. für Männer sind…) und können uns daher beidem widmen, der Ausbildung und den netten Kolleginnen — Klammer zu).

Der praktische Teil besteht jeweils unter anderm im Üben der gewöhnlichen und notfallmässigen  “door operation”, welche denn auch wir Piloten mit dem aus vollem Hals geschrienen “Emergency, open seat belts, evacuate” aufreissen durften. Theoretisch wird viel zum Thema Dangerous Goods (Gefahrengut) vermittelt. Vor dem Flug werden wir Piloten darüber informiert, ob, welche und wieviele gefährliche Güter (zB. radioaktives oder leicht brennbares Material, Gifte usw.) wo im Flugzeug geladen sind. Dies wird uns durch den Load Controller,  der für die richtige Beladung des Flugzeuges verantwortlich ist, auf dem sogenannten NOTOC (NOtification TO Captain –  wobei es der First Officer entgegen des Begriffs auch lesen muss…) mitgeteilt . Das NOTOC enthält auch Informationen für die Rettungsdienste, falls es zu einem Zwischenfall kommt. Ein Foto von einem “etwas” längerem NOTOC habe ich in diesem Beitrag gezeigt. Wie ich auch schon in jenem Beitrag erwähnt habe, sind auf dem NOTOC nicht nur Gefahrgüter, sondern auch andere, spezielle Güter (zB. menschliche Überreste, lebende Tiere, Pflanzen/Nahrungsmittel, Edelmetalle oder -steine, Banknoten usw.) aufgeführt.

Schön und gut denkt sich sicher, wer sich (gerade wegen des Titels in hoffnungsvoller Erwartung) bis hierher durchkämpftgelesen hat, aber was hat denn das nun mit Bienen und zwei süssen Hasen im Cockpit zu tun? Hier folgt die Auflösung oder von der Theorie in die Praxis:

… denn wir hatten auf dieser Rotation sage und schreibe (mit der Verpackung) 305 kg lebende Bienen auf dem Flugzeug!!! Wenn man Herrn Google nach dem Gewicht einer Biene fragt und diesem Dokument glauben darf, wiegen 10’000 Bienen 1 kg. Wenn wir für die Verpackung einen Sechstel abziehen, dann haben wir rund 2.5 Mio. Bienen transportiert! Wie wichtig Verpackung ist, kann sich jeder selber vorstellen…

… die Verpackung ist natürlich auch von Interesse, wenn zwei süsse Hasen im Cockpit sind! Und wenn die Verpackung nicht passt, muss sie weg, dachten sich die Crewmember einer französischen Airline (die es inzwischen leider nicht mehr gibt), in diesem altbekannten KultVideo: Striptease im Cockpit. Swiss ist natürlich seriös und wie gesagt trifft das BAZL sogar am Boden Vorkehrungen, damit wir uns auf die Arbeit und nicht auf das Vergnügen konzentrieren. Das gilt natürlich umso mehr in der Luft! Ebenfalls auf dieser Rotation hatten wir zwei süsse Hasen im Cockpit! Weil uns ihre auffällige Verpackung verführen abzulenken drohte, haben mein Kollege und ich – ganz im Sinne des BAZL – die beiden sofort ausgepackt und uns über sie hergemacht!!! Davon existieren natürlich weder Bilder, noch Videos  (ich bin Jurist…), aber vor dem Auspacken habe ich welche gemacht – wer könnte bei diesem Anblick widerstehen?

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Posted in in the air, on the ground | 12 Comments »

12 Responses

  1. HBIJL Says:

    Man beachte die Unterlage der Hasen 😀

  2. G! Says:

    Vorbildlich, gell. Oder man könnte auch sagen: Product placement, fehlt nur noch die Bezahlung dafür (und die von Lindt ;-))

  3. skypointer Says:

    Was ist wenn die Bienen fliegen?Nimmt dann das Gewicht ab, so dass man mehr laden darf? Nimmt evtl. sogar der Auftrieb des Flugzeuges zu? Weiss das ein fliegender Jurist oder muss ich da einen Physiker fragen?
    😉

  4. G! Says:

    Also grundsätzlich könnte ich deine Frage beantworten, wobei man …blablabla… beachten müsste, dass unter den gegebenen Umständen…….blablabla…….und das ganze kostet dann so in etwa ein kleines Copi-Vermögen 😀 Darum lasse ich das und stelle dir Frage dem Instruktor beim nächsten Refresher, der letzte wusste nämlich sonst schon alles Mögliche und Unmögliche, vielleicht weiss er DIE Antwort endlich nicht 😉

    PS: Was ist, wenn die Kisten mit den Bienen falsch rum gepackt sind und die Bienen beim Fliegen gegen unten “drücken”? 🙂

  5. nff Says:

    … hast du den TA auf dem ND nicht gesehen?

    Übrigens, wir sind tatsächlich NICHT multitaskingfähig. Darum ist das iPhone ja so ein menschenfreundliches Ding 🙂

  6. HBIJL Says:

    Tja, da wirst Du vergebens auf eine Entlöunhung warten…. Es gab schon andere Fälle wo es sogar gerügt wurde 🙁

  7. G! Says:

    @nff
    TA im Sinne von Tagi? 😉 Übrigens: warum haben dann soviele Frauen eins? 😀

    @HBIJL
    Dachte ich mir. Gerügt? DAS wäre dann etwas unangebracht…

  8. L.M. Says:

    @Skypointer + G!

    Letztendlich ist doch entscheidend, ob das System abgeschlossen ist oder nicht. In einem abgeschlossenen System ist der Impuls erhalten; das müsste eigentlich schon alles sagen. Wenn wir jetzt die Bewegung des Flugzeugs kurz vernachlässigen, ist der Gesamtimpuls im System Flugzeug offensichtlich null, wenn die Bienen ruhig sind und irgendwo sitzen. Folglich muss das stets der Fall sein, wenn wir das Flugzeug als geschlossenes System betrachten (= kein Austausch mit der Aussenwelt ist möglich). Indem die Bienen fliegen und sich bewegen, ist ihr Impuls offensichtlich nicht mehr null, was bedingt, dass er irgendwo kompensiert werden muss. Das heisst also, dass die Luft, auf welche die Bienen eine Kraft ausüben, ebenfalls einen entsprechenden Impuls besitzt und diesen an die anderen Bestandteile (Bienen, Boden) usw. weitergibt. Das folgt alles aus dem 3. Newtonschen Axiom. Es ist also keine äussere Kraft vorhanden, die das Gewicht des Dings irgendwie verändern könnte.

  9. Dide Says:

    Ist euch eigentlich klar, dass G! mit diesem raffiniert gesetzten Titel seine Leserschaft um mindestens 20 Prozent erhöht hat? Davon profitieren in diesem Fall nicht nur die Schoggihasen-Produzenten, sondern auch die einheimischen Apple-Stores. Da soll noch jemand behaupten, bloggen sei eine Nebensache…

  10. G! Says:

    @Lukas
    Willst du nicht die Branche wechseln, wir suchen (hoffentlich immer noch) Piloten…danke für die Ausführungen, ich hoffe nicht, dass ich dir deinen Stundenansatz vergüten muss! 😀 Jetzt kann ich aber skypointer beim nächsten Refresher nicht mehr fragen, da er ja mitliest…

    @Dide
    Wie gesagt, ich habe bei den besten der Zunft abgeschaut 😉 Was ist ein Apple-Store? 🙂

  11. Dide Says:

    Ein Apple Store ist eine exklusive Form eines Gemüseladens: Statt Äpfel und Birnen werden in erster Linie IT- und Kommunikationsprodukte der Firma Macintosh feil geboten.

    Gruss Dide

  12. L.M. Says:

    @Guy
    Danke 🙂

    Was sind denn die Voraussetzungen, um Pilot bei der Swiss zu werden? Und wie geht denn die Ausbildung?

    @Dide
    Ja, ich bin leider auch auf den reisserischen Titel reingefallen…. 🙁 Ich lese allerdings nach wie vor beim Blog mit 🙂

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