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(Zu) Grosse Kreise

October 26th, 2011 by G!

Früh lernt man: Die kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten ist eine Gerade. In der Fliegerei stimmt das (wie vieles, das man hört und liest) nicht ganz. Wenn die zwei Punkte nämlich auf einer Kugel liegen, ist die kürzeste Verbindung ein Kreis, ein Grosskreis (der ja dann eigentlich Kurzkreis heissen müsste ;-), aber lassen wir das…). Wer mir nicht glaubt und allen andern, die weiterlesen wollen, empfehle ich die Lektüre des Beitrages “Shortcut” meines Kollegen skypointer. Er erklärt anschaulich, warum in der Langstreckenfliegerei eine Abkürzung nicht zwingend eine solche ist und warum der geplante Flugweg zum Teil massiv vom Grosskreis abweicht.

Bei Swiss wird uns Piloten die Abweichung vom “great circle” (fliegerdeutsch für “Grosskreis”) auf dem Flugplan angegeben. Der sogenannte “GCI“, der Great Circle Index ist eine Zahl, die angibt, um wieviel Prozent die geplante Flugroute vom (geographisch) kürzesten Flugweg (dem great circle) abweicht. Auf einem kurzen Kurzstreckenflug kann dieser Index natürlich sehr schnell sehr gross sein: Von Zürich nach Frankfurt startet man in Zürich gewöhnlich auf der Piste 28 Richtung Westen um dann 180 Grad über Süden nach Osten zu drehen. Erst nach einigen Flugminuten Richtung Osten kann man nach Norden zur Destination Frankfurt abdrehen. Der Grund liegt in der Teilung von Anflug- und Abflugverkehr (was gerade in Zürich nicht heisst, dass die Flugwege Sinn machen…). Daher fallen die unter diesem Gesichtspunkt ineffizienten Ab- und Anflugroutenauf einem so kurzen Flug natürlich sehr stark ins Gewicht mit der Folge, dass der Index sehr schlecht (also gross) wird. Anders auf der Langstrecke. Bei einem Flug, der sich über mehrere tausend Nautische Meilen hinzieht, machen 30 NM Abflugumweg den Index noch nicht schlecht (eine andere Frage ist, ob das ökologisch und wirtschaftlich Sinn macht; darauf gehe ich hier aber nicht ein). Wenn also ein Langstreckenflug einen schlechten GCI hat, kann dies viele Gründe haben: zum Beispiel Wetter (Wind), Vulkanasche, geographische (Gebirge), finanzielle (Überflug- und Luftverkehrsleitstellengebühren) oder technisch/politische (Flugrouten, Überflugberechtigungen).

Einer Planänderung am Vorabend des Fluges hatte ich zu verdanken, dass es nach Shanghai (PVG/ZSPD) und nicht nach Tokyo Narita (NRT/RJAA) ging. Der regelmässige Leser weiss, dass man in China manchmal (zu) grosse Kreise fliegt, wie ich in diesem Beitrag beschrieben habe. So ist auch die Flugplanung nach PVG nicht wirklich das, was man sich unter wirtschaftlichen und ökologischen Gesichtspunkten wünscht. Der Grosskreis auf dem Flug nach Shanghai ginge über Russland und die Mongolei und würde gemäss Google Maps ca. 9000 km (ca. 4850 NM) betragen. Zur Veranschaulichung (das dürfte für den einen oder andere Leser zu einem “aha”-Effekt führen, denn auf einer “gewöhnlichen Karte” ist das nicht erkennbar. Dort ginge ein Strich von ZRH nach PVG macht, Richtung Südenosten; das erklärt auch, warum Google Maps hier richtigerweise einen Bogen und keine Gerade zeichnet!):

 

(Bild: Google Maps)

 

 

Tatsächlich wird aber (ungefähr) die folgende Strecke geflogen:

(Bild: Google Maps)

 

Die Flugdistanz beträgt dann ca. 5650 NM, also knapp 10500 km! Der GCI liegt daher bei für einen Langstreckenflug sehr schlechten 116%. Besondere Erwähnung verdient die beinahe 90°-Kurve in der Region von Peking, die tatsächlich so geflogen wird, wie man auf dem nachfolgenden Bild erkennen kann. Die von uns Piloten sehnlichst erwünschte Abkürzung wird vom Controller stets mit einem Verweis auf eine “Miltary Area” abgelehnt. So fliegen wir mit einer Geschwindigkeit von 950 km/h gegenüber dem Boden auf die Kurve zu, weshalb der Autopilot rund 10 km vorher langsam anfängt einzudrehen, damit er nicht zuviel Querlage geben muss.

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Funkspruch des Tages (II)

October 23rd, 2011 by G!

Irgendwo über Sibirien ertönt eine blecherne Stimme aus den Lautsprechern unseres Airbus 340 mit einem Funkspruch, der beweist, dass in der Kürze halt doch die Würze liegt:

Controller: “Aaaahhh, Swiss x, contact Control 13 [Pause] 2.3. Aaaaah, correction, 125.2. No [Pause], 13 [Pause] 3. [Pause] 1.”

Swiss x: “Confirm 133.1?”

Controller [wie aus der Pistole geschossen]: “NEGATIVE! 131.1”

Lautes Gelächter im Cockpit…

 

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Applaus

October 10th, 2011 by G!

Die Frage, warum im Flugzeug nach der Landung geklatscht wird, habe ich mir schon oft gestellt. Dies natürlich nicht, weil es bei meinen Landungen nichts zu klatschen gäbe ;-), aber ich habe auch noch nie beim Bäcker geklatscht, als ich das Brot bekommen habe, in der Migros nach dem zahlen oder als der Zug in den Bahnhof eingefahren ist. Darum interessiert es mich, warum (vorwiegend, aber keinesfalls ausschliesslich (!) Charter-) Passagiere nach der Landung klatschen. Jetzt hat eine Umfrage zu diesem Thema folgende Top 3 Gründe herausgefunden:

1. 46% möchten dem “Flugpersonal” danken [man könnte das auch beim Verlassen des Flugzeuges verbal, oder wem das in Zeiten von Google+, Facebook und Twitter zu old school und persönlich ist, elektronisch per Mail oder mittels Feedbackformular machen].

2. 30% sind erleichtert, dass der Flug gut vorbei gegangen ist [wer in einer vertrauenswürdigen Airline fliegt, der müsste demnach auch klatschen, wenn er mit dem Auto am Ziel angekommen ist, weil fliegen dann tatsächlich sicherer als autofahren ist; dass der Frauenanteil mit 40% wesentlich höher als der Männeranteil mit 31% ist, dürfte meiner Meinung nach nicht daran liegen, dass Frauen mehr Angst haben, sondern einfach darum, weil Männer das nicht zugeben].

3. 29% aus Bewunderung für die Piloten [DAS nenn ich doch mal einen triftigen Grund ;-); aber mich erstaunt, dass mehr Frauen (32%) als Männer (26%) dies als Grund angaben, wo doch unser hochtechnischer Beruf vor allem für Männer interessant sein sollte…aber ich kann damit gut leben, wenn uns mehr Frauen bewundern :-)].

DIE Antwort (oder eben nicht) lieferten aber 10% der Klatscher: sie gaben an, selbst nicht zu wissen, warum sie es tun! [Die haben offenbar einen an der sprichwörtlichen Klatsche…].

Quelle: Welt Online, Warum nach der Landung an Bord geklatscht wird, 8.10.2011

Apropos Landung:

  • Die mir am meisten gestellte Frage, ob der Autopilot denn immer lande, habe ich hier beantwortet: Wer landet?
  • Warum nicht jede sanfte Landung eine gute und nicht jede nicht sanfte eine schlechte Landung ist/sein muss, habe ich hier beschrieben: Die Landung I.
  • Und wen interessiert, welche Faktoren bei einer Landung vom Piloten beachtet und verarbeitet werden müssen, findet die Antwort hier: Die Landung II.

 

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