Geschüttelt und gerührt
December 7th, 2007 by G!…war das Motto der vergangenen Tage. Ende letzter bzw. anfangs dieser Woche herrschten in Europa windige Verhältnisse.
So verkürzt sich die Flugzeit ungemein, wenn man auf die Unterstützung eines Jetstreams mit 100kt, also ca. 185 km/h Rückenwind, zählen kann [Vergrösserung -> Anklicken]:
Im Bild erkennt man links oben die Groundspeed (die Geschwindigkeit des Flugzeuges gegenüber dem Boden), die 535 Knoten beträgt und die tatsächliche Geschwindigkeit des Flugzeuges gegenüber der Luft (True Air Speed, TAS 436 Knoten). Die Differenz zwischen diesen Beiden Werten kommt vom Wind, der sich darunter ablesen lässt: 358/100. Das bedeutet, dass der Wind mit 185 km/h (100 Knoten) aus Norden (358 Grad) bläst. In diesem Fall kommen wir in den Genuss des vollen Rückenwinds, was die Flugzeit ungemein verkürzt; zumindest auf dem Rückflug…
Wir hatten teilweise mit Winden über 230 km/h zu kämpfen. Wenn es sich um Seitenwinde handelt, lässt sich sehr schön zeigen, wie das Flugzeug gegen den Wind aufkreuzen muss um den geplanten Flugweg einzuhalten [Vergrösserung -> Anklicken]:
Die Windstärke und -richtung lässt sich wiederum oben links ablesen: In diesem Fall kommt der Wind nahezu vollständig von der rechten Seite mit 129 Knoten, ca. 240 km/h. Die Ausrichtung des Flugzeuges erkennt man am gelben Flugzeug unten in der Mitte. Der Flugweg ist jedoch ein anderer und lässt sich am grünen Strich ablesen. Der Wind führt also dazu, dass der tatsächliche Flugweg rund 15 Grad von der Flugzeugrichtung abweicht!
Weder aus der Windstärke, noch aus der Windrichtung lassen sich Angaben über ein allfälliges "Schütteln" machen. Während es im oberen Fall trotz des starken Windes ruhig war, geht es auch anders. Dann sieht es so aus [Vergrösserung -> Anklicken]:
Dazu kam, dass die Winde nicht nur in grossen Höhen kräftig waren. Auch im eigentlichen Anflug hatten wir zT. beachtliche Windgeschwindigkeiten, so zB. in Berlin beim Lineup (beim Auflinieren des Flugzeuges in die Pistenrichtung) noch ca. 130 km/h Rückenwind, beim sogenannten Outermarker waren es noch immer rund 85 km/h Querwind, bei der Landung dann nur noch gegen 30 km/h. Da ich in diesen Flugphasen mit Fliegen beschäftig war (zwischendurch gibt’s auch wenn man Airbus fliegt noch was zu tun), gibts davon leider keine Bilder. In Zürich hatten wir kurz vor dem Lineup auf die ILS 28 immer noch beachtliche 107 km/h, das auf rund 2400 Meter über Grund [Vergrösserung -> Anklicken]:
Bei solchen Bedinungen sind auch die Radarcontroller gefordert, da sie die starken Winde in die Richtungseingaben miteinbeziehen müssen.
Es dürfte daher nicht überraschen, dass einige Anflüge bzw. Landungen nach dem im Titel genannten Motto stattfanden. In den Wettermeldungen für die Anflüge fanden sich denn auch allerhand Warnhinweise:
In Frankfurt wurde vor Winden im Endanflug von über 74 km/h gewarnt, was nicht an der Tagesordnung ist:
In der Schweiz war unter 16’000 Fuss mit moderaten Turbulenzen und moderater Vereisung zu rechnen, wobei der Wind für die Landung noch harmlos war:
Und so kann es aussehen, wenn’s auch für die Landung geschüttelt und gerührt sei soll:
In diesem Fall war’s ein "klassischer" (im Gegensatz zum "politischen") Anflug auf die Piste 28 in Zürich, wobei (wie in solchen Fällen üblich) vor Turbulenzen unmittelbar vor der Landung gewarnt wird. Der Wind ist (noch) harmlos, wird aber auffrischen und gegen 230/15G30 (rund 27-55 km/h) erreichen. Dazu kommt eine Warnung vor "Windshears" (Scherwinden) und eine Warnung vor Böen am Boden mit rund 60 km/h.
Bei solchen Anflügen gilt das Titelmotto, welches die Cabin- und Cockpit-Crew auf eine harte Probe stellt: Die Passagiere werden (ordentlich) durchgeschüttelt und füllen die eine oder andere Spucktüte und wir vorne müssen (ordentlich) mit dem Sidestick rühren, damit wir den Franzosen sicher auf den Boden bringen.
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