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Ein Mann sieht rot

March 9th, 2010 by G!

Die Rede ist hier nicht von Charles Bronson, sondern von mir. Es gibt Momente vor einem Flug, bei denen ich im wahrsten Sinne des Wortes rot sehe. Dazu aber später.

Wenn wir unsere Flightduty beginnen, ist der erste Gang zu einem der PC-Terminals. Wir müssen uns ins System einloggen. Damit sind wir (nicht aber unsere Koffer, die müssen wir selber zum Flugzeug schleppen) eingecheckt. Wir können die nötigen Unterlagen wie zB. die Crewzusammensetzung ausdrucken, Emails lesen und Big Brother die Crew Disposition weiss, das wir die Duty angetreten haben. Zudem überwacht das System unter dem Sammelbegriff “Qualifications” sämtliche lizenz- und flugrelevante Verfalldaten. Die Listen enthält neben verständlichen Begriffen wie Pass, Visum oder Medical auch, wer hätte das gedacht, zahlreiche Abkürzungen die mehr oder weniger aussagekräftig sind: DG, ESET, RGC, CRM, LC, LCC, GRT oder ELP.

Die Liste der berufsnotwendigen Daten umfasst derzeit sage und schreibe ganze 22 Einträge! Damit nicht genug, denn sie wird in regelmässigen Abständen verlängert, weil die offensichtlich nicht ausgelasteten Politiker und Beamten zum Beweis ihrer Tätigkeit und Wichtigkeit stets neue “must-Kurse”, Qualifikationen usw. erfinden. Selbstverständlich stets und nur im Namen der Sicherheit…

Ist beim Login ein Verfalldatum (“mehr oder weniger”) nahe, dann wird die Liste gezeigt und die zu verfallen drohenden Qualifikationen werden rot dargestellt. Bei 22 möglichen Verfalldaten kommt es eigentlich nur während einer kurzen Zeitspanne vor, dass man beim Login nicht rot sieht. Bei mir ist derzeit aber Highseason, denn es sind gleichzeitig sechs (!) Einträge rot (Das Bild ist verfremdet, da die Liste Daten enthält, die ich nicht breit streuen möchte) :

Diesen sechs roten Einträgen verdanke ich den im März geplanten Recurrent Ground Training Tag (RGC) und den Linecheck Company (LCC) auf dem Airbus 320. Ende März werde ich, wenn alles normal läuft, nur noch einen roten Eintrag, nämlich den verschobenen CRM, auf der Liste haben.

Sozusagen alle dieser Qualifikationen (“Ausahme”: das US-Visum ist natürlich nur für Flüge in die USA nötig, insofern aber für die Airbus 330-Qualifikation nötig) sind lizenz- und damit berufsrelevant. Das bedeutet, dass ich nicht (mehr) fliegen darf, wenn ich eine oder mehrerer dieser Qualifikationen nicht (mehr) besitze. Das kann der Fall sein, wenn man einen Kurs, Test oder Check nicht besteht oder aber, wenn eine Frist abläuft, weil man den Termin zB. krankheitshalber verpasst. Mein im März geplanter RGC ist zB. einen Tag vor dem Verfall geplant. Am darauffolgenden Tag ist ein Langstreckenflug vorgesehen, der zwangsläufig ausfallen würde, wenn ich am Tage des Kurses krank wäre. Mehr zu RGC und LCC, wenn sie vorüber sind.

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Drei Jahre Swiss – Einsatzplan März

March 7th, 2010 by G!

Inzwischen ist der März schon wieder sieben Tage alt. Aufgrund einer Umstellung (die diesmal von mir verursacht wurde), komme ich erst jetzt dazu, den Monatsplan online zu stellen.

Der neue Einsatzplan (der >HIER< heruntergeladen werden kann) ist zunächst einmal ein Jubiläumsplan, denn im März bin ich drei Jahre bei Swiss. Wie dem auch sei, es bleibt keine Zeit zum feiern. Durch die Umstellung anfangs Februar, von der ich berichtet habe, muss mir nicht nur bis Ende April der CRM Kurs geplant werden, sondern ich verlor dadurch auch meine Berechtigung, die sogenannte “Recency”, die Airbus 320-Familie zu fliegen, da ich die dafür nötigen drei Starts und Landungen innerhalb der letzten 90 Tage nicht hatte. Das war schon im Mai vergangenen Jahres der Fall, als die Ausbildung auf dem Airbus 330 zu Ende war. Darum wurde mir im März ein Tag mit einem Fluglehrer zugeteilt, damit dieser meine Starts und Landungen auf dem Airbus 320 für gut befinden kann und damit ich wieder “recent” bin.

Wenn schon, denn schon, dachte sich unser System und plante mir gerade noch den “Linecheck” auf dem Airbus 320. Auch das ein (jährliches) Erfordernis, damit unsere Lizenz gültig bleibt. Bei einem Linecheck wird die Arbeit der “gecheckten” Crew (Captain und First Officer) von einem Checker auf dem dritten Sitz beobachtet, beurteilt und in einer Qualifikation zu Papier gebracht. Selbstverständlich dürfen auch (ohne Publikumsjoker) zahlreiche technische und operationelle Fragen beantwortet werden.

Und weil “aller guter Dinge drei” sind, wurde gerade noch der – ebenfalls lizenzrelevante – RGC (Recurrent Ground Course) geplant. Mehr dazu in einem späteren Posting, in dem ich diese lizenzrelevanten Kurse erkläre.

Ach ja, zusätzlich stehen noch drei Langstreckenflüge auf dem Programm und ich habe 10 Tage Ferien.

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Streik!

February 25th, 2010 by G!

Der Streik meiner Berufskollegen beim Mutterkranich ist in aller Munde. Leider und wie gewohnt auch in solchen, die darüber besser nichts sagen, weil sie nicht viel bis keine Ahnung davon haben. Das ist aber nichts Neues. Wer sich informieren möchte, worum es den Piloten geht (eben nicht um einen höheren Lohn, wie es auf Blick online gestern zu lesen war!), dem sei diese Passagierinformation (und die Webseite) der Vereinigung Cockpit, die unter anderem die Lufthansapiloten vertritt, zur Lektüre empfohlen. Wie dem auch sei, ich möchte mich hier weder über die Zulässigkeit, Angemessenheit oder Richtigkeit des Streiks äussern, sondern diesen als Anlass für einige grundsätzliche Gedanken zum Thema nutzen.

Ausgangslage:

– Durch den Streik sind – je nach Quelle – die Hälfte oder mehr Lufthansaflüge ausgefallen.

– Die Kosten betragen mehrere Millionen Euro, man liest zT von 20 Mio.

– Erst morgen Freitag ist Lufthansa im Stande, den Flugplan wie geplant durchzuführen. Dies, obwohl nur am Montag gestreikt wurde. Lufthansa benötigt bis heute Abend, um die Operation wieder vollkommen “hochzufahren“!

– Ende Februar (!) läuft der gekündigte Tarifvertrag der 16’000 Lufthansa Flugbegleiter aus. Erst am Montag (wohl durch den Streik der Piloten beeinflusst) hat Lufthansa ein Angebot für Verhandlungen gemacht, nachdem zuvor von der Gewerkschaft ein Warnstreik angekündigt worden war.

– Ab 1. März kann es bei British Airways zu Streiks beim Kabinenpersonal kommen, da mehr als 80% für einen Streik gestimmt haben.

– Vorgestern haben die Lotsen in Frankreich gestreikt, in Paris Orly sind 50%, in CDG 25% der Flüge ausgefallen. Der Streik soll noch bis am Samstag anhalten.

– In Griechenland haben die Fluglotsen den Flugverkehr faktisch lahmgelegt, da sie gegen das Sparprogramm der Regierung protestieren.

– Last but not least befindet sich die Luftfahrt in einer der grössten, wenn nicht der grössten, Krise überhaupt.

Gedanken:

Ich wurde auch schon “Opfer” von Streiks: Zum Beispiel streikten in Berlin die Bus- und U-Bahnfahrer, was den Besuch der Stadt – politisch korrekt ausgedrückt – seeeehr umständlich macht. Wenn man da steht, wo der Bus fahren sollte und er es nicht tut, hat man sehr wenig Verständnis für die Anliegen der Streikenden, egal wie berechtigt sie sein mögen (oder auch nicht). In Athen wurde von Streikenden eine Piste blockiert, worüber ich geschrieben habe. Unabhängig davon, ob ein Streik moralisch, wirtschaftlich, juristisch oder was auch immer gerechtfertigt ist (worüber man natürlich immer streiten kann und wird), kann festgehalten werden, dass

– die Kosten eines Streiks sehr schnell sehr hoch sind;

– immer ein Imageverlust hinzukommt, der nicht beziffert werden kann und der in den meisten Fällen nur mittel- bis langfristig wieder gut zu machen sein dürfte;

– letzten Endes immer das Produkt und damit der Kunde leidtragend ist. Da das Produkt bzw. der Kunde über die Zukunft jeder Firma entscheidet (die Börse ausgenommen…), ist dies mehr als nur kontraproduktiv für beide Streitparteien.

Im Ergebnis führt jeder Streik zu einer Einigung. Ich wage zu behaupten, dass sämtliche nach einem Streik gefundenen Lösungen allesamt auch schon vorher am Verhandlungstisch hätten gefunden werden könnten. Dazu benötigt es allerdings von beiden Parteien unter anderem Respekt vor der Gegenpartei und deren Anliegen, Kompromissbereitschaft und Entgegenkommen, Verständnis für die andere Seite und vor allem: Weitsicht. Denn wie gezeigt, sind – ausser vielleicht vom damit erreichten Verhandlungsergebnis – sämtliche Folgen für beide Seiten negativ.  Die durch den Streik am Montag verlorenen Millionen hätten sicher besser eingesetzt werden können, als sie so zu vernichten.

Man verstehe mich nicht falsch: Ich sage weder, dass ich den Streik der LH-Kollegen für falsch halte, noch sage ich, dass man nie streiken dürfe. Im Gegenteil: es fallen mir zahlreiche sehr gute Gründe ein, warum man streiken darf und  sogar soll. ABER: Es ist meiner Meinung nach äusserst tragisch und bedenklich, dass wir in einer Zeit leben, in der eine für beide Seiten höchst kontraproduktive Massnahme, die eigentlich ein Sonderfall – eine ultima ratio – sein sollte, zum Normalfall verkommt und ohne die es die Parteien scheinbar nicht schaffen, zusammen zu sitzen und eine Lösung zu finden.

So gesehen sind wir doch höchstens von der Jahreszahl her nicht mehr im Mittelalter – nur die Methoden und die Beträge haben sich geändert. Die Gesellschaft hat sich leider doch nicht in allen Bereichen vorwärts entwickelt. Schöne Aussichten für die Zukunft…

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