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Umschulung Airbus 340: Tage 9-10

January 13th, 2011 by G!

Tag 9

Nachdem ich die ersten beiden Simulatorsessions unbeschadet überstanden hatte, war der 9. Tag des CCQ dafür da, den am nächsten Tag bevorstehenden Simulator-Skilltest vorzubereiten. Das bedeutete nochmal sämtliche Notizen zu den technischen Systemen durchlesen überfliegen und die wichtigsten Abnormal Configurations der technischen Systeme anzuschauen. Danach zum x-ten Mal sämtliche Procedures für die Normal- und Abnormaloperation studieren. Dazu gehören auch die Drills für den Durchstart, Triebwerksausfall, Bremsversagen usw. Der Check fand in Singapur (SIN/WSSS) statt, womit dieser Airport auch noch zur Vorbereitung gehörte.  Alles in allem unterscheidet sich die Vorbereitung auf den Skilltest nicht gross von derjenigen für andere Simulatorsessions, mit zwei Unterschieden:

1. Die andern Simulatorsessions sind grundsätzlich Ausbildung. “Grundsätzlich”, weil die Leistung (firmenintern) qualifiziert wird. Der Skilltest ist keine Ausbildung mehr. Es wird das operationelle, technische und fliegerische Knowhow und Können vorausgesetzt.

2. Der Skilltest ist nicht nur qualifiziert, sondern ein offizieller, vom Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) verlangter Check und damit eine zwingende Voraussetzung, um die Lizenz/das Rating für den Airbus 340 zu erhalten.

Diese beiden Punkte führen natürlich dazu, dass man am Skilltest noch mehr unter Druck steht, als zuvor. Schliesslich geht es um die Erlaubnis, den Beruf ausüben zu dürfen.

Tag 10

DER Tag des Umschulungskurses schlechthin. Checktag. Ich habe relativ gut geschlafen, müsste aber lügen, wenn ich sagen würde, dass ich nicht nervös sei. Darum habe ich mir überall etwas mehr Reserven eingeplant und den Wecker etwas früher, um 0615 Uhr gestellt. Ich sehe noch nicht richtig aus den Augen, als meine Gedanken zu den Kollegen abschweifen, die genau vor 15 Minuten im Simulator ihren Check angefangen haben. Briefingbeginn war bei ihnen um 0400 Uhr – und das für jede der drei Sessions! Ich darf mich also nicht beklagen, denn obwohl mir 0800 Uhr immer noch zu früh ist, bin ich gut bedient. Der zeitliche Tagesablauf ist derselbe wie bei den letzten beiden Simulatortagen, nur der Instruktor wechselt. Ich kannte ihn noch nicht, er macht beim Treffen vor dem Kaffeeautomaten einen freundlichen Eindruck. Das bleibt an sich so, wobei er uns ab der ersten Briefingminute mit kniffligen Fragen bombardiert, die meinem noch nicht wirklich wachen Gehirn einen hochtourigen Kaltstart abverlangen. Einmal mehr erstaunt es mich, was man alles Fragen kann. Die Fragen sind hart, aber realistisch und fair. Das Briefing verfliegt und mein Gehirn ist definitiv warmgelaufen, als wir schon die Rahmenbedingungen für die bevorstehenden Qualen besprechen.

Ab 1000 Uhr ist es soweit: wir werden von einem Anflug in den nächsten gescheucht, es bleibt keine Minute um wirklich abzuschalten. Stellenweise frage ich mich, ob ich für die Kurzstrecke trainiert werde, denn das ständige Starten und Landen erinnert mich nur allzusehr an die vergangenen Tage auf dem A320. Mit dem Unterschied, dass wir dieses Mal mit Fehlern aller Arten zu kämpfen haben. Ausgepowert lassen wir nach knapp vier Stunden den Autopiloten bei dichtem Nebel landen (denn auch das Verfahren des automatischen Landens muss geprüft werden). Wir stoppen auf der Piste und mein Kollege setzt die Parkbremse, als uns der Instruktor mit einem “ich gratuliere euch zum bestandenen A340 Skilltest! Herzlich Willkommen auf der Airbus 340 Flotte!” erlöst. Geschafft.

Beim nachfolgenden Briefing werden die Anflüge besprochen, wobei wir soviele geflogen haben, dass ich keine Chance hätte, sie alle aufzuzählen. Wir erhalten die Qualifikation (Swiss) und müssen das achtseitige (!) BAZL-Formular unterschreiben. Dann haben wir einen grossen Schritt auf dem Weg in den Airbus 340 hinter uns gebracht und freuen uns schon auf den nächsten Höhepunkt. Aber bis dahin dauert es noch einige Tage…

Zur Feier des Tages beschliesse ich, endlich wieder einen Abend lernfrei zu verbringen und mir etwas zu gönnen: einen Kinobesuch. Die erlittenen Qualen der vergangenen Tage legten die Filmauswahl nahe. Zwei Stunden später war mir klar, woher unsere Instruktoren ihre Ideen und Motivation holen. Zu meiner Überraschung erkenne ich im Abspann, dass entgegen meiner Erwartung keiner unserer Sim-Instruktoren am Drehbuch mitgeschrieben hat. Aber: was noch ist, kann noch werden, denn der nächste Teil kommt bestimmt. Mit einem Lächeln verlasse ich SAW 3D – Die Vollendung.

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Fire and Ice

December 30th, 2010 by G!

Im Januar werde ich es richtig knallen lassen und Feuer unter dem Hintern haben! Triebwerke und die Druckkabine werden explodieren und Feuer werden ausbrechen. Nein, das sind nicht meine Vorsätze im neuen Jahr und ich bin auch nicht destruktiv geworden, im Gegenteil. Aber meine Kollegen mit Sadistenader Instruktorenausbildung. Sie werden nämlich genau das und noch viel mehr, an das ich noch gar nicht denken mag, mit mir machen.

Seit meinem (Wieder-)Eintritt in die Swiss im März 2007 durfte ich die “kleinen” Airbustypen A319/320/321 (A320-Familie) durch die Himmel von Europa fliegen. Im Februar 2009 kam dann der grosse (in jeder Hinsicht) Schritt auf die Langstrecke, als ich auch auf den Airbus A330 umgeschult wurde. In der Folge war ich “Mixed Fleet” qualifiziert und durfte die Kurz- und Langstreckentypen A319/320/321 und 330 miteinander (bzw. nacheinander ;-)) fliegen.

Aufgrund des Erfolges von Swiss und dem damit verbundenen Flottenausbau hätte ich mich schon im Herbst 2009 von der Kurzstrecke verabschieden und den Umschulungskurs auf den Airbus 340-300 anfangen können. Getreu dem Motto “never change a winning team” wollte ich weiterhin Europas Himmel unsicher machen und blieb der Kurzstrecke treu. Sie mir aber nicht, denn die Knappheit an Langstreckencopis machte sich bemerkbar. Obwohl ich (theoretisch) Mixed Fleet qualifiziert war, durfte ich nur wenig Flugzeuge der Airbus 320-Familie fliegen.

Grund genug im Januar 2011 der Kurzstrecke TSCHÜSS und UF WIEDERLUEGE zu sagen. Nach 3 3/4 Jahren, gegen tausend Flügen, über hunderttausend transportierten (meist glücklichen) SWISS-Passagieren und über tausend Stunden im Cockpit der Airbus 320 Familie.  Am 3. Januar werde ich meinen Umschulungskurs auf den Airbus 340-300 beginnen. Nach einigen Tagen im Schulzimmer werde ich den Instruktoren zum Simulator-Frass vorgeworfen. Was dann passiert, habe ich bereits am Anfang erwähnt. Darum wünsche ich mir im neuen Jahr Eis im Bauch für die bevorstehenden Übungen mit Feuer.

Die Bodenausbildung auf dem A340 ist kurz und intensiv, weshalb ich Ende Januar bereits wieder mit einem Instruktor auf dem dritten Sitz in der Luft nach Cairo (HECA/CAI) und Boston (KBOS/BOS) darf. Bis die Ausbildung ganz abgeschlossen ist, darf ich nur A340 fliegen, der A330 muss warten. Danach bin ich Mixed Fleet 330/340 qualifiziert, aber bis dahin gibts noch viel zu tun.

Der Plan ist > hier < downloadbar.

Allen Lesern einen guten Rutsch in ein gesundes (alles andere kann man beeinflussen) neues Jahr!

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Rollentausch

May 14th, 2009 by G!

Piloten sind bekanntlich sehr grosse Fachidiotenspezialisten. Bei Swiss zeichnen wir – der Captain als Verantwortlicher und der First Officer als sein Stellvertreter – verantwortlich für ein Unternehmen mit

– fünf bis zehn (oder mehr) Angestellten;
– bis zu ca. 240 Menschenleben;
– Fracht in Wert von unbekannter Höhe;
– und ein Flugzeug im Wert von 70 (Airbus 319) bis 215 Millionen (Airbus 340-300) amerikanischen Dollar.

Das Unternehmen Flug kann aber nur stattfinden, wenn unzählige andere Fachspezialisten ihren Teil dazu beitragen. Das ist sehr gut zu erkennen, wenn man sich nach einem Flug, nachdem das Flugzeug den Standplatz erreicht hat, kurz die Zeit nimmt und sitzen bleibt (statt wie die 199 anderen Passagiere sofort das Handy einzuschalten, aufzustehen und mit allen gleichzeitig das Handgepäck aus den Gepäckfächern zu nehmen, sich dabei gegenseitig fast zu erschlagen, um dann 3-5 oder noch mehr Minuten zusammengequetscht in einer unnatürlichen Haltung und mit dem Gepäckstück eines anderen Passagiers im Rücken zu warten, bis sich die Menschenschlange laaaangsam in Bewegung setzt */**). Dann kann man nämlich zuschauen, wie innert kürzester Zeit zahlreiche Personen um’s Flugzeug schwärmen um dieses zu entladen, reinigen, warten, beladen usw. Dazu kommt noch eine weitere, noch grössere Anzahl Personen “hinter den Kullissen”, die nicht sichtbar sind.

Letzten Endes sind es die Piloten, die den Flug durchführen. Deswegen macht es für das Verständnis der Prozesse und Zusammenhänge des mit einer mechanischen Uhr vergleichbaren Räderwerks “Flug” Sinn, möglichst viel von diesen (wenn teilweise auch nur sehr rudimentär) zu kennen.

Dies ist denn auch das Ziel einer Aus- und Weiterbildungsreihe für First Officer bei Swiss. Ich habe inzwischen das erste Modul besucht und durfte dabei unter anderem zu Swissport um den Bereich Move/Pushback anschauen. Was Kollege Tobi von “Bits and Bites” erlebt hat und was das Ganze mit einer fetten Katze zu tun hat, schreibt er <hier>. Swissport wurde übrigens 2009 zum neunten Mal (!) in Folge als beste Bodenabfertigungsgesellschaft “Best Global Ground Handling Services Company of the year” ausgezeichnet! – Gratulation an dieser Stelle für diese hohe und verdiente Auszeichnung!

Wenn sämtliche Vorbereitungen abgeschlossen sind, das Flugzeug betankt und beladen, die Passagiere an Bord und auf ihrem Sitz, das Handgepäck verstaut und sämtliche Türen geschlossen sind, holt der Copilot von der Bodenkontrolle die Bewilligung um das Flugzeug vom Gate zurück zu stossen und die Triebwerke zu starten. Über eine Drahtverbindung teilt dann der Captain dem Fahrer des “Schleppers” (oder in diesem Fall: dem “Stosser”) – oder im Ausnahmefall mit Handzeichen – mit, dass wir die Bewilligung zum Zurückstossen erhalten haben. Dann schieben uns die Fahrer der von uns “Pushbacktraktor” genannten Spezialfahrzeuge (offiziell: Flugzeugschlepper; Details zu den Fahrzeugen gibts beim Hersteller Goldhofer) vom Gate weg an die von der Bodenkontrolle vorgegebene Stelle und  sagen uns, wann die Triebwerke frei zum Starten sind.

… aber genug geschrieben, Bilder sagen von einem sehr interessanten und eindrücklichen Besuch mehr als Worte:

[Hinweis zu den Gallerien: wird ein Bild aus der Reihe angeklickt, wird es darüber grösser angezeigt. Ein Klick auf das grössere Bild öffnet es in einer Lightbox in der Originalgrösse]

[myginpage=rollentausch]

* ich habs versucht, den Satz noch länger zu machen … aber nicht geschafft 😉

** wenn ich als Passagier das zweifelhafte Vergnügen habe, dieses SchauTrauerspiel – das bei jedem Flug stattfindet – anzusehen, frage ich mich jeweils, wie man auf die Idee kommen kann, dass Menschen intelligent seien. Aber es ist wohl nur eine Frage der Definition…

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