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Flight Attendant – No tea, no coffee!

July 23rd, 2012 by G!

Flugbegleiterinnen (bei Mutti), Cabin Crew Members oder Flight Attendants (F/A), wie sie bei Swiss heissen, lösen viele Reaktionen aus. Wohl vorwiegend Männer reagieren (zumindest am Boden) durchaus positiv auf Frauen in entsprechenden Uniformen. Anders liessen sich sich der Kalender des hier nicht genannten irischen Billigfliegers, Kostüme in einschlägigen Läden oder mein älterer Beitrag hier nicht erklären. Darum geht es mir aber in diesem Beitrag nicht, sondern um die Funktion der Flight Attendants. Ich wollte schon lange einen Beitrag zu diesem Thema schreiben, da ich leider regelmässig erlebe, welch komplett falsches Bild vom Beruf “Flight Attendant” viele Leute haben. Das soll mit diesem Beitrag korrigiert werden.

 

“Chönned sie mir mal mitem Gepäck hälfe?” [Hochdeutsch: “Können sie mir mit dem Gepäck helfen?” ;-)] hören die Engel der Kabine desöftern. Warum um himmelswillen kommt ein 180cm-90kg-Mann auf die Idee, die zwanzig Zentimeter kleinere und halb so schwere Flight Attendant könne oder solle sein (mehr als die erlaubten acht Kilogram schweres) Handgepäck in die Gepäckablage hochstemmen, wenn es ihm selber zu schwer ist? Fakt ist, dass die Cabin Crew bereits während dem Einsteigen der Passagiere der Sicherheit an Bord verpflichet sind. Da gehört das Sicherstellen der Evakuation (siehe auch mein Beitrag hier, wo das SWISS-Flugzeug nach der Landung evakuiert wurde) oder aber später das sich Vergewissern, dass alle Gepäckstücke (richtig) verstaut und die Notausgänge frei sind. Stichwort Evakuation: sehr oft wird beim Boarding das Flugzeug noch betankt. Dass es dabei schnell zu einer Katastrophe kommen könnte, brauche ich nicht zu erwähnen. Erwähnenswert ist aber, dass ganz klar vorgegeben ist, wer beim Betanken in der Kabine wann wo zu stehen hat. Darum ist es keine “Ausrede”, wenn man hört, dass die F/A den Platz nicht verlassen könne. Es ist eine Sicherheitsmassnahme!

“Coffee or Tee? Chicken or Pasta?”. Viele machen sich über die “Serviceangestellten im Flugzeug” lustig. Jedem das seine, er verkennt aber vollends, dass dies einzig und allein eine Nebenbeschäftigung der Cabin Crew ist, die sie so lange ausüben werden, solange sie ihre Hauptaufgabe nicht davon abhält – denn auch während dem Flug kommt an erster Stelle “safety and security“. Wer sich über das “schlechte Essen” (in einer Metallröhre 39000 Fuss über dem Nordatlantik und zweieinhalb Stunden vom nächsten Flughafen entfernt, wofür man etwas mehr als für eine Zugfahrt ins nehegelgene Ausland bezahlt hat……) oder darüber, dass es keine Auswahl mehr hat, aufregt, soll sich doch mal über die folgenden Fälle Gedanken machen:

  • Feuer an Bord

Flugzeuge sind voller Elektronik, Kabel und Treibstoff. Ein solides Fundament für Feuer. Dazu kommt die Fracht oder das Gepäck der Passagiere. Aber das ist nicht alles: je mehr elektronische Geräte an Bord sind, desto grösser ist das Risiko, dass ein Brand ausbricht. Ein elektrischer Kurzschluss, ein überhitzter oder fehlerhafter Akku, ein eingeklemmtes Handy; ein fehlerhafter Ofen. Das alles hat schon zu Feuer im Flugzeug geführt. Selbst ein kleines Feuer oder ein Schmorbrand mit Rauch an Bord eines Flugzeuges ist eine sehr grosse Gefahr für die Sicherheit des ganzen Flugzeuges und damit für sämtliche Passagiere.
Flight Attendants sind ausgebildet um an Bord Feuer zu bekämpfen. 


  • Ein Zwischenfall mit Chemikalien (“dangerous goods”)
Regelmässig werden Gefahrengüter in Flugzeugen transportiert. Darunter gehören nicht nur (lebende) Tiere, sondern auch Chemikalien aller Art, Munition, Sprays, Gase etc. Einfach alles, das an Bord eine Gefahr darstellen kann – und das ist vieles! Gewisse Gefahrengüter (zB. Feuerzeuge, Akku des Computers) sind in der Kabine oder “auf Mann” im Flugzeug erlaubt, wobei das je nach Airline unterschiedlich sein kann. Falls es zu einem Zwischenfall mit Gefahrengütern – darunter kann auch eine unbekannte Substanz fallen, die zB. die Atemwege reizt – kommt, muss schnell und gezielt vorgegangen werden. Wiederum ist unter Umständen die Gesundheit von hunderten Menschen in Gefahr.
Flight Attendants sind ausgebildet um Massnahmen bei solchen Zwischenfällen zu ergreifen und damit Menschenleben zu schützen.


  • Medizinische Notfälle

Täglich fliegende tausende Menschen mit Swiss. Medizinisch kommt alles vor: vom Passagier mit Ohren- oder Kopfschmerzen (weil er mit verstopften Stirn- und Nasenhöhlen fliegt, was ich niemandem empfehle!), über den Passagier mit Nasenbluten und dem dehydrierten oder unterzuckerten, der deswegen bewusstlos wird, bis hin zum Herzstillstand /-infarkt. Das alles kommt an Bord von Flugzeugen (meiner Meinung nach verhältnismässig oft!) vor (siehe auch den spannenden Beitrag von Kollege skypointer). Oft, aber nicht immer ist ein Arzt an Bord, der die Behandlung übernehmen kann. Dann ist es wiederum die Cabin Crew, welche den medizinischen Notfall betreuen muss. So hat eine Bekannte von mir einen Passagier mit Herzstillstand in der Bordküche am Boden erfolgreich wiederbelebt … und ihm damit wohl das Leben gerettet, denn Puls hatte er keinen mehr. Arzt war keiner an Bord.
Fight Attendants kennen sich nicht nur mit den Medikamenten an Bord aus, sondern sind für lebensrettende Sofortmassnahmen wie Herzmassage ausgebildet.

 

Es gäbe noch mehrere (in der Realität vorkommende!) Beispiele. Aber ich hoffe, dass Leser dieses Beitrages die Flight Attendants mit andern Augen sehen – und verstehen, dass an erster Stelle Sicherheit und nicht die Verpflegung der Passagiere steht! Nicht nur im Sinne von zwischenmenschlichen Umgangsformen wäre es angebracht, den Damen und Herren, die in der Kabine als Flight Attendant arbeiten, Respekt und Höflichkeit entgegenzubringen, sondern aus purem Egoismus:

Dieselbe Person, die jetzt noch “Tea or Coffee” anbietet und leider kein “Chicken” mehr in der Auswahl hat, könnte in den nächsten Minuten ihr (einziger!) Lebensretter sein!!!

37 people like this post.

Posted in impressions, in the air, master warning, technique matters | 13 Comments »

13 Responses

  1. nff Says:

    …früher hatten wir DELTA Flugbegleiterinnen an Bord. Viele von ihnen hatten einen Sticker an der Handtasche, die ihre Arbeit kurz & prägnant zusammenfasste:

    I’m here to safe your ass not to kiss it!

  2. G! Says:

    Das fasst meinen Beitrag sehr treffend in einem Satz zusammen. Früher durfte man das noch…

  3. NRG Says:

    GEFÄLLT MIR SEHR GUT!!!
    Vielleicht sollte SWISS für ihre FA’s ebenfalls solche Sticker anschaffen;-)…

  4. LeereDose Says:

    Wer bezahlt eigentlich das Kerosin, dass eine vollbetankte 747 direkt nach dem Start ablassen muss, weil ein Passagier dringend medizinische Hilfe braucht und sie es daher ablassen muss?

  5. TWR Mädel Says:

    Wenn man dann noch berücksichtigt zu welchem Hungerlohn in der Kabine geschuftet wird und was sich die F/As von den Paxen teilweise gefallen lassen müssen ohne dabei ihr Lächeln zu verlieren, dann kann ich nur sagen CHAPEAU!!!

  6. Philippe Says:

    Danke für den Beitrag. Die andere Seite aber sind Versprechen und verpflichtungen der airlines, die mit dem Verkauf des Tickets verbunden sind.
    Neben den Aufgaben der Safety ist der Job einer FA halt nun auch die Dienstleistung, wie eben von der airline versprochen. Je nachdem Drinks, Futter und ein nettes Lächeln, auch wenns der xte leg ist und man nur nach Hause will. Übrigens, sehr selten ein Problem bei der Swiss!
    Bei vielen airlines scheinen die FAs manchmal oder meistens zu vergessen, wer ihnen den (durchaus zu tiefen) Lohn zahlt und der Job halt Safety UND Service beinhaltet.
    Philippe

    PS: Swiss, bitte macht weiter so, bei euch stimmt fast alles.

  7. G! Says:

    @Philippe
    Absolut, die Airlines “versprechen” das auch und es ist ein Teil der Aufgaben einer F/A. Aber eben, wie geschrieben nur (und nur dann!), wenn die prioritären (Safety & Security) erledigt sind.

    Randnotiz zum Essen: wer nichts bezahlt, muss sich nicht wundern, FALLS die Qualität des Essens nicht stimmt. Und Hauptleistung des Transportvertrages ist (sicher) von A nach B bringen und nicht das Essen (ob beworben oder nicht). Das gilt sogar für die First Class wo bekanntlich ein x-Gang-Sterne-Menu (in einem Flugzeug….) serviert wird! Das ist auch in den Restaurants so: im billigen ist das Essen schlechter als im teuren. DAS vergessen die Leute der “geiz ist geil” und “Hauptsache billiger”-Gesellschaft nur zu oft! Qualität kostet. Überall & in jeder Branche!

    Danke für’s PS, aber das kannst du gerne beim nächsten Flug den betroffenen F/A selber sagen. 🙂

  8. Tobi Says:

    Nur leider denken viele Passagiere, dass die Flight Attendants dafür da sind, ihnen den “Arsch” zu verwöhnen…Und dann motzen sie auch noch bei jeder Kleinigkeit rum, obwohl sie wissen, dass man bei einem günstigen Flug nunmal kein Fünf-Gänge Menü erwarten kann.

    P.S: Super Blog! 😉

  9. Christina Karl Says:

    Vor den Flugbegleitern habe ich immer allergrössten Respekt. In meinen Augen waren Sie nie so etwas “Kellner der Lüfte”. Was mir immer wieder auffällt ist, wie die FAs selbst den nörgelndsten Gast freundlich entgegentreten. Die oben genannten Sticker sollten erlaubt sein! 🙂

  10. Window In The Skies » Blog Archive » Unterhaltung an Bord Says:

    […] Flight Attendant – No tea, no coffee! […]

  11. hypnos Says:

    Ergänzen sollte man aus meiner Sicht aber schon, dass am Kenntnisstand der Passagiere die Airlines eine erhebliche Mitschuld tragen:

    1. Wird das Aufgabenspektrum der F/As nicht kommuniziert, u.a. weil Sicherheitsthemen gerne generell auf das absolute Minimum beschränkt werden. Die Durchsage “Meine Name ist … ich bin an Bord für Ihre Sicherheit und zusätzlich für Ihr Wohlbefinden verantwortlich” habe ich bisher nur bei einer kleinen Regional-Airline gehört. Anderswo geht es eben hauptsächlich darum, welcher Snack wann serviert wird und wie der Bordverkauf abläuft. Das könnte man jederzeit sehr einfach ändern.

    2. Scheint dieser Aspekt bei der Personalauswahl und -schulung einen eher kleinen Anteil zu haben. Ich habe schon F/As erlebt, die sehr nett anzusehen waren, am Gate aber alleine die Tür des Flugzeugs nicht aufbekommen haben. Dabei erschien mir die Dienstkleidung (Schuhwerk!) auch nicht unbedingt hilfreich zu sein. Wie soll jemand ein Flugzeug evakuieren, der kurz vor der Landung nicht mal Passagiere vom Besuch des WCs abhalten kann?

  12. alaeX Says:

    Zum Thema medizinische Notfälle:

    Ich kann mir fast nicht vorstellen, dass FA berechtigt sind Medikamente zu verabreichen (abgesehen von vielleicht O2). Soweit ich weiß müssen FAs einen regulären Erste Hilfe Kurs ablegen. Dort lernt man zwar in der Tat HLW, was auch super wichtig ist, aber die Gabe von Medikamenten ist eine ärtzliche Maßnahme. Ein Arzt darf diese Maßnahme zwar an nicht ärztliches Personal delegieren, aber die Entscheidung ob, wann und welches Medikament trifft sicher kein FA! Für so etwas ist eine notfallmedizinische Ausbildung nötig, die alleine schon länger geht als die gesamte Ausbildung der FA.

    Also Erste Hilfe leisten (hier gehört auch die Reanimation dazu) können die FAs sicher und das ist auch gut so! Aber welche Medikamente bei einem Herzinfarkt gegeben werden, in welcher Dosis und was mögliche Indikationen und Kontraindikationen sind, dürfte die Ausbildung der FAs bei weitem übersteigen.

  13. G! Says:

    Ich habe nirgends gesagt, dass F/As alle Medikamente verabreichen dürfen! Das ist auch logisch, schliesslich sind sie keine Ärzte! Auch das Beispiel Herzinfarkt, wie du es schilderst, habe ich nirgends erwähnt, also bitte nichts unterstellen. Es ist natürlich klar vorgeschrieben, was sie ohne weitere Konsultation verabreichen können und was – von den Medis an Bord – nur ein Arzt verabreichen kann. Swiss arbeitet eng mit REGA, der Schweizerischen Rettungsflugwacht (www.rega.ch), zusammen und kann nötigenfalls, wenn kein Arzt an Bord ist, deren Notfallärzte konsultieren. Diese Konsultation kann auch helfen die Situation in Bezug auf die Dringlichkeit des Falles (sofortige Landung nötig?) zu beurteilen.

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